Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Wenn Tradition auf Rave trifft
Studierende der ZU machen zwei Tage Festivalstimmung in der ehemaligen Kaserne
FRIEDRICHSHAFEN - EigenARTen hat das Seekult-Festival am Wochenende gezeigt. Mit den vielfältigen Bedeutungen, die sich in der deutschen Sprache rund um das Wort „Art“und die daraus gebildeten Komposita ranken, zog sich das diesjährige Motto durch das von Studierenden der Zeppelin-Universität konzipierte und organisierte Kulturfest im Fallenbrunnen. Am vergangenen Freitag und Samstag zeigte und lebte das zehnköpfige Team, was es in neun Monaten auf die Beine gestellt hat. Artig – unartig – einzigartig – artifiziell: die Begeisterung für Ausdrucksformen der Kunst steht über allen acht Spielorten des Wochenendes. An die 30 Veranstaltungen standen auf dem Programm, zu denen Musik, Filme, Workshops, Lesungen, Performances, Ausstellungen und Vorträge zählten.
Am späten Freitagnachmittag ging es langsam los. Die ersten Gäste bummelten zwischen den Spielorten herum, das Organisationsteam – erkennbar an den schicken blauen Pullis mit dem verspielt bearbeiteten, markanten Konterfei des Grafen Zeppelin auf dem Rücken – hatte alle Hände voll zu tun. Dazu kamen die Fragen von Besuchern: „Hey, kann man die Pullis kaufen?“Annika Liedtke hatte ein offenes Ohr auch dafür. Die Masterstudentin zeigte, wo es langgeht, denn für das Festival standen auch Räume zur Verfügung, die sonst nicht öffentlich zugänglich sind. Parallel und nacheinander wurden sie bespielt.
Im Atrium stellte die Berliner Künstlerin Assunta Waldburg-Zeil
Fotos und Gemälde aus, am Samstag bot sie auch einen Workshop zur Porträt-Fotografie an. Im Vorraum zur „Werkstatt“zeigten sich Kunstwerke von Menschen, die Lebenshilfe bei der Stiftung Liebenau gefunden haben.
Der Raum dahinter versprühte den Charme eines altertümlichen Wohnzimmers und verschaffte den Musikern MAPA und Eos Resonanz für eigene Texte kombiniert mit sphärisch sanftem Beat. Im Kino Studio 17 entfaltete sich derweil ein cineastischer Smartphone-Nachrichten-Krimi, gefolgt von einer schwarz-weißen Freibadsinfonie. „Heute wieder wie die Nudeln in der Suppe, was?“fragte der pedantische Badegast. „War schon schlimmer“, lautete die lakonische Antwort des
Bademeisters. Außen auf dem Festivalgelände zog derweil der Abend ein und nach den Begrüßungsworten von Julius Ostermann, dem Kopf des Organisationsteams, zog der Fanfarenzug „Graf Zeppelin“unüberhörbar und schmissig auf den Platz vor dem Glashaus Klimperkasten.
Rund 700 Besucher
Tradition trifft auf Rave könnte man sagen, oder Alt-Friedrichshafen trifft auf neues Leben im Fallenbrunnen, denn obwohl das Seekult-Festival bereits die achte Auflage erlebt, liegt die Besucherzahl aus dem nichtstudentischen Umfeld nur bei rund zehn Prozent. Insgesamt rechnet Ostermann mit 600 bis 700 verkauften Eintrittskarten. Nach ihrem mitreißenden Auftritt mischten sich die
Fanfarenzugmitglieder unter die Besucher. Klar erkennbar, dass sie Spaß hatten. Im Casino beim Rockjazz von Raphy und Adry ebenso wie bei der Illerdixie Dixielandband im Restaurant „Amicus“. Unbeschreiblich charmant tauchten an allen Orten Mario und Mela auf.
Ob sie mittanzen, Papierkraniche verschenken oder einfach nur gemeinsam lächeln. Das clowneske Duo steckt in einer gemeinsamen Jacke und versprüht als „Walking Art“freundliche Aufmerksamkeit und Poesie ohne Worte. Offenheit für Vielfalt bot dieses Festival.