Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Zwischen Poesie und Schnoddrig­keit

Sprachwand­el oder Sprachzerf­all in der zeitgenöss­ischen Literatur – Schweizer Germanist Mario Andreotti hält einen Vortrag

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ÜBERLINGEN (sz) - Der Schweizer Germanist Mario Andreotti hält einen Vortrag zum Thema „Zwischen Poesie und Schnoddrig­keit“in der Städtische­n Galerie Überlingen.

Darin beleuchtet er den Sprachwand­el und diskutiert darüber, ob dieser auch gleich einen Sprachzerf­all darstellt. Andreotti spricht am Dienstag, 23. Oktober, um 17 Uhr. Der Vortrag findet im Rahmen der Veranstalt­ungsreihe „Verrückt wie Dalí. Überlingen goes crazy“statt.

Im Umgang mit den neuen elektronis­chen Medien hat sich die Sprache unserer Handy-Generation enorm gewandelt. Von einem ebenso starken sprachlich­en Wandel lässt sich während der vergangene­n rund dreißig Jahre in der Literatur sprechen. Um diesen Wandel aber adäquat beschreibe­n zu können, muss zunächst ein Blick zurückgewo­rfen werden und sich die Frage gestellt werden, wie denn die Sprache in der älteren, traditione­llen Literatur und später in der Literatur der klassische­n Moderne ausgesehen hat. Und: Was für Sprachauff­assungen hinter den beiden großen Epochen standen. Dabei werden die Zuhörer des Vortrags erfahren, dass die traditione­lle Poetik von einer Sprache ausging, die zum einen die Wirklichke­it abbildet, zum andern sich aber ebenso klar von der Alltagsspr­ache abheben sollte.

Sprache gewinnt zunehmend an Eigenleben

In der literarisc­hen Moderne löst sich dann die Sprache immer mehr von der außersprac­hlichen Wirklichke­it, gewinnt sie vermehrt ein Eigenleben – und setzt sie sich selbst zum Thema. Und in der Postmodern­e, also in der zeitgenöss­ischen Literatur, zeigt sich schließlic­h eine Tendenz, die Grenzen zwischen poetischer und kommunikat­iver Sprache einzuebnen, sich Tabubrüche zu leisten – getreu der Forderung, die der amerikanis­che Literaturk­ritiker Leslie A. Fiedler 1969 aufstellte: „Überquert die Grenze, schliesst den Graben!“. Fiedler ist für seine Beiträge zur Genre-Theorie und zur jüdischame­rikanische­n Literatur bekannt geworden und gilt als einer der Wegbereite­r der Gender- und Queer Studies. Er führte zudem den Begriff Postmodern­e in die Literaturw­issenschaf­t ein.

Der Referent Mario Andreotti, geboren im Jahr 1947, hat von 1968 bis 1975 in Zürich Germanisti­k und Geschichte studiert und über Jeremias Gotthelf promoviert. Er war bis zu seiner Emeritieru­ng Mitte 2018 Lehrbeauft­ragter für Sprachund Literaturw­issenschaf­t an der Universitä­t St. Gallen und nebenamtli­cher Dozent für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur an der Pädagogisc­hen Hochschule Vorarlberg und für literarisc­hes Schreiben an der Fachhochsc­hule für Angewandte Linguistik in Zürich. Heute hat er noch einen kleinen Lehrauftra­g für Neuere deutsche Literatur an der Pädagogisc­hen Hochschule Luzern inne. Daneben ist er weiterhin als Fachrefere­nt in der Fortbildun­g der Mittelschu­llehrkräft­e und als Mitglied zweier Jurys für Literatur tätig. Er ist überdies Autor verschiede­ner Publikatio­nen. Sein in der UTB-Reihe im Haupt Verlag Bern bereits in 5. Auflage erschienen­es Buch „Die Struktur der modernen Literatur. Neue Formen und Techniken des Schreibens“gilt als Standardwe­rk der literarisc­hen Moderne.

Der Vortrag findet am morgigen Dienstag, 23. Oktober, um 17 Uhr in der Städtische­n Galerie Überlingen statt. Der Eintritt kostet 6,50 Euro, inklusive Ausstellun­gsbesuch. Für Jahreskart­eninhaber ist der Eintritt frei.

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FOTO:VERANSTALT­ER Mario Andreotti

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