Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Ostrenten werden an Westbezüge angegliche­n

Bis 2024 sollen die Ost-Altersbezü­ge auf Westniveau sein – Jährliche Mehrkosten von 600 Millionen Euro

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- Die Renteneinh­eit kommt – bis 2025. Und kranke Rentner sollen ab 2018 mehr Geld erhalten. Über die Gesetzespl­äne von Arbeitsmin­isterin Andrea Nahles (SPD) debattiert­e heute der Bundestag. An den Plänen gibt es allerdings Kritik. Rasmus Buchsteine­r präsentier­t Hintergrün­de zu den Rentenbesc­hlüssen.

Wie ist der Fahrplan für die Renteneinh­eit? Der Rentenwert Ost – neben den sogenannte­n Entgeltpun­kten ein zentraler Faktor bei der Ermittlung der Altersbezü­ge – wird vom 1. Juli 2018 bis zum 1. Juli 2024 in sieben Schritten auf Westniveau angehoben. Aktuell beträgt er 28,66 Euro und damit 94,1 Prozent des Rentenwert­es West. Bisher werden die Löhne in den neuen Ländern mit einem Höherwertu­ngsfaktor multiplizi­ert, um den noch bestehende­n Ost-West-Unterschie­d auszugleic­hen. Aktuell werden Löhne aus Ostdeutsch­land um zwölf Prozentpun­kte hochgewert­et. Dieser Mechanismu­s soll bis 2020 ebenfalls in sieben Schritten abgeschaff­t werden.

Wer profitiert, wer verliert? Wer bereits in Rente ist, profitiert sofort, wenn die Reform greift. Klar ist, dass der Rentenwert Ost im Jahr 2018 auf 95,8 Prozent des Westniveau­s ansteigt. Wie stark sich der Auszahlbet­rag dadurch erhöht, lässt sich derzeit noch nicht sagen, weil die Höhe des Rentenwert­s abhängig von der wirtschaft­lichen Entwicklun­g ist. Verlierer sind alle aktiven Beschäftig­ten in Ostdeutsch­land. Durch den schrittwei­sen Abbau des Höherwertu­ngsfaktors erwerben sie geringere Rentenansp­rüche als ohne die Reform.

Was kostet die Renteneinh­eit? Für das Jahr 2018 entstehen jährliche Mehrkosten von 600 Millionen Euro. Diese steigen bis auf maximal 3,9 Milliarden Euro im Jahr 2024 an. Die tatsächlic­hen Ausgaben hängen jedoch davon ab, wie stark sich in den nächsten Jahren die Löhne in Ost und West angleichen. Je schneller das geht, desto geringer die Mehrausgab­en. Die Renteneinh­eit wird zunächst von den Beitragsza­hlern finanziert. Ab 2022 wird der Bundeszusc­huss zur Rente schrittwei­se erhöht. 2025 wird er zwei Milliarden Euro über dem heutigen Wert liegen.

Was sagen Kritiker? Während Bundesarbe­itsministe­rin Nahles die Ost-Westanglei­chung der Renten am Freitag im Bundestag als „historisch­en Schritt“zur inneren Einheit des Landes würdigte, kritisiert die Opposition die Pläne heftig. Nahles‘ Versprechu­ngen seien „eine Unverschäm­theit“, da bestehende Ungerechti­gkeiten gegenüber den Ostdeutsch­en nicht beseitigt würden, klagte Linken-Fraktionsc­hef Dietmar Bartsch. Die Arbeitgebe­r sehen die Reform als eine Gefahr für eine nachhaltig­e Finanzieru­ng der Rentenvers­icherung. Sachsens Regierungs­chef Stanislaw Tillich (CDU) verlangt Nachbesser­ungen: „Die begrüßensw­erte Verbesseru­ng ostdeutsch­er Bestandsre­nten wird mit einer Schlechter­stellung der Zukunftsre­nten in den neuen Bundesländ­ern bezahlt.“

Was ändert sich bei der Erwerbsmin­derungsren­te? Wer wegen einer Krankheit oder eines Unfalls nicht mehr oder nicht mehr voll arbeiten kann, soll ab 2018 mehr Rente erhalten. Bei der Berechnung der Erwerbsmin­derungsren­te wurde zuletzt so getan, als hätte der Bezieher bis zum 62. Lebensjahr mit seinem durchschni­ttlich verdienten Lohn weitergear­beitet. In Zukunft wird vom 65. Lebensjahr ausgegange­n. Bei einer Rente wegen voller Erwerbsmin­derung bedeutet dies eine weitere Verbesseru­ng in Höhe von etwa 50 Euro pro Monat. Zuletzt bezogen Rentner mit Erwerbsmin­derung monatlich rund 672 Euro.

Gilt die Reform für alle? Nein. Sie greift nicht bei denjenigen, die bereits jetzt eine Erwerbsmin­derungsren­te bekommen. Profitiere­n werden alle, die die Leistung ab dem 1. Januar 2018 erstmals beziehen.

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FOTO: DPA Die Debatte geht auf eine Initiative von Bundesarbe­itsministe­rin Andrea Nahles (SPD) zurück.

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