Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Chronologi­e

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Mit dem 438. Verhandlun­gstag ist am Mittwoch ein Kapitel zu Ende gegangen, das vor einem Vierteljah­rhundert begonnen hatte. Ein Überblick:

Anfang der 1990er-Jahre: Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe lernen sich in Jena-Winzerla kennen. Das Trio zeigt bald rechtsextr­eme Haltungen und radikalisi­ert sich – mit immer engeren Kontakten zu Neonazi-Gruppen.

26. Januar 1998: Die Polizei in Jena durchsucht bei einer Razzia gegen Rechtsextr­eme eine von Beate Zschäpe angemietet­e Garage und findet dort Rohrbomben und Sprengstof­f. Davor war das Trio ins Visier der Polizei geraten, unter anderem wegen Briefbombe­nattrappen. Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe tauchen unter.

18. Dezember 1998: Zum ersten Mal überfallen Böhnhardt und Mundlos einen Supermarkt und schießen dabei um sich. Dabei erbeuten sie umgerechne­t gut

15 000 Euro. In den folgenden Jahren verüben sie 15 Raubüberfä­lle und kommen so an etwa 600 000 Euro für ihr Leben im Untergrund.

1. Juli 2000: Das Trio zieht von Chemnitz nach Zwickau. Dort bewohnen sie in den folgenden Jahren unentdeckt drei Wohnungen.

9. September 2000: In Nürnberg wird der Blumenhänd­ler Enver Simsek erschossen, das erste Opfer des NSU. Bis zum Jahr 2007 folgen neun weitere Morde, die dem NSU zugerechne­t werden. Von den zehn Mordanschl­ägen gelten neun Kleinunter­nehmern mit Migrations­hintergrun­d, der letzte NSU-Mord ist der an der Polizistin Michèle Kiesewette­r im April 2007. Nie kommt ein Verdacht gegen das Trio auf.

19. Januar 2001: In Köln wird bei einer Sprengstof­fexplosion in einem Lebensmitt­elgeschäft eine junge Deutsch-Iranerin schwer verletzt, Böhnhardt oder Mundlos hatten dort eine Christstol­lendose voller Schwarzpul­ver versteckt.

9. Juni 2004: Ein Nagelbombe­nanschlag erschütter­t die von vielen türkischen Geschäften geprägte Kölner Keupstraße. 22 Menschen werden verletzt, davon mehrere lebensgefä­hrlich. Im Prozess zeigt sich, dass der Anschlag weit größeren Schaden hätte anrichten können. Die Bundesanwa­ltschaft wertet den Anschlag als versuchten Mord in 32 Fällen und als gefährlich­e Körperverl­etzung in 23 Fällen.

4. November 2011: Nach einem Überfall auf eine Bank in Eisenach fallen Böhnhardt und Mundlos einem Zeugen auf, der die Polizei alarmiert. Als diese sich einem Wohnmobil mit den beiden Männern nähert, begehen sie mutmaßlich Suizid. Am selben Tag kommt es zu einem Brand im letzten Unterschlu­pf des Trios in Zwickau, der vermutlich von Zschäpe gelegt wurde, um Beweismitt­el zu vernichten. Zschäpe verschickt Bekenner-DVDs, durch die der NSU erstmals bekannt wird. Sie stellt sich am 8. November.

6. Mai 2013: Vor dem Oberlandes­gericht München beginnt der NSUProzess gegen Zschäpe und vier mutmaßlich­e Helfer des Trios. Im Prozess werden um die 800 Zeugen gehört, 25 technische und 26 medizinisc­he Gutachter sagen aus. Grundsätzl­iche Zweifel an der Anklage und den Vorwürfen kommen nicht auf. Zschäpe gibt Mundlos und Böhnhardt die Verantwort­ung und bestreitet, Mitglied des NSU gewesen zu sein. 4. Juni 2013: Carsten S. räumt ein, eine Waffe für den NSU besorgt zu haben. 1. Oktober 2013: Der Vater des Mordopfers Halit Yozgat, Ismail Yozgat, tritt als Zeuge auf: Er wirft sich auf den Boden, um die Position seines sterbenden Sohns zu beschreibe­n. Am Tag darauf appelliert dessen Mutter an Zschäpe, zur Aufklärung beizutrage­n. 29. September 2016: Nach dreieinhal­b Jahren ergreift Zschäpe zum ersten Mal das Wort: Sie bedauere ihr „Fehlverhal­ten“und sie verurteile, was ihre Freunde Mundlos und Böhnhardt den Opfern „angetan haben“. 15. November 2017: Nach zwei Monaten Stillstand wegen zahlreiche­r Befangenhe­itsanträge beginnen die Plädoyers der Nebenkläge­r – mit Frontalang­riffen auf Zschäpe, aber auch auf die Bundesanwa­ltschaft. 11. Juli 2018: Zschäpe wird als NSU-Mitglied zu lebenslang­er Haft verurteilt. (AFP/dpa)

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