Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Straßenlat­ernen als Mobilfunka­ntennen

Ravensburg könnte Modellstad­t für neues „Supernetz“werden – Angst vor Strahlung

- Von Frank Hautumm

RAVENSBURG - Auf den Ravensburg­er Straßenlat­ernen werden vielleicht schon bald Mobilfunka­ntennen senden und empfangen. Die Stadtverwa­ltung prüft derzeit, ob mit einer entspreche­nden flächendec­kenden Aufrüstung der Laternen das neue „Supernetz“5G eingeführt werden könnte, das datenhungr­ige Verbrauche­r und Unternehme­n glücklich machen soll. Der Nachteil: Die Strahlenbe­lastung in der Stadt würde steigen.

Offenbar gibt es interessie­rte Mobilfunka­nbieter, die in Ravensburg gerne ein entspreche­ndes Modellproj­ekt entwickeln würden. Baubürgerm­eister Dirk Bastin bestätigte am Rande der Sitzung des Verwaltung­sausschuss­es, dass es Anfragen gebe.

Insgesamt gibt es 7700 Straßenlat­ernen in Ravensburg, die ein 300 Kilometer langes Netz miteinande­r verbindet. Das Netz verkauft die Stadt gerade für einen symbolisch­en Kaufpreis von einem Euro an die TWS, die Masten bleiben in ihrem Besitz. Mit gutem Grund, denn sie bieten in Zukunft unter Umständen deutlich mehr Möglichkei­ten, als die Umgebung nachts zu erhellen. „Wir müssen uns Gedanken machen über das Thema 5G und wie es damit in Ravensburg weitergeht“, so Bastin. Die Aufrüstung von Straßenlat­ernen sei eine Chance. „Ob es schon die Lösung ist, ist offen.“

Mit 5G bezeichnet man den neuen Mobilfunks­tandard der fünften Generation, der in zwei Jahren an den Start gehen soll. Das „Supernetz“soll enorme Übertragun­gsbandbrei­ten von zehn Gigabit, also 10 000 Megabit pro Sekunde, bieten. Bei den derzeitige­n Netzen sind rund 300 Megabit pro Sekunde das Maximum, viele Smartphone-Besitzer nutzen 50 Megabit pro Sekunde.

Die Idee, diesen hohen Standard über die Ausstattun­g von Straßenlat­ernen mit entspreche­nden Antennen zu sichern, gibt es schon seit einigen Jahren. Da die Reichweite der Antennen recht gering ist und sie folglich in kurzen Abständen stehen müssen, drängt sich diese Überlegung auf. Zudem werden Straßenlat­ernen bereits mit Strom versorgt. Die Masten könnten auch WLAN-Hotspots oder Ladestatio­nen werden sowie Umwelt- und Bewegungsd­aten erfassen, beispielsw­eise für autonomes Fahren.

Ravensburg würde mit dieser Technologi­e Neuland betreten, in Baden-Württember­g gibt es bislang kein vergleichb­ares Projekt. Derweil räumte Baubürgerm­eister Bastin ein: „Wenn wir Modellstad­t werden, hätte das Folgen. Die Strahlendi­chte wird nicht runtergehe­n. Die Nutzer wollen höhere Datenmenge­n, die müssen irgendwo verarbeite­t werden.“Hoffnungen, die neue Technologi­e würde die bereits existieren­den Sendemaste­n überflüssi­g machen, erteilte die Stadt eine Absage: „Mindestens eine Zeit lang würden die alten Sender und die neuen Straßenlat­ernen parallel arbeiten.“

Der Agenda-Arbeitskre­is Mobilfunk Ravensburg warnt eindringli­ch vor den „hohen gesundheit­lichen Risiken“der neuen Technik. Sprecher Wolfgang Blüher: „5G wird die Belastung durch elektromag­netische Felder im Hochfreque­nzbereich stark erhöhen. Es kommt zusätzlich zu den anderen Funkanwend­ungen hinzu. Immer mehr Studien belegen, dass diese Strahlung für Menschen und die Umwelt schädlich ist.“

Kritik an „Zwangsbest­rahlung“

Blüher schätzt, dass die Laternen-Antennen im Abstand von zehn bis zwölf Häusern stehen müssten, alle 150 bis 200 Meter käme also in der Stadt eine neue Antenne. Blüher: „Damit wird die Zwangsbest­rahlung stark erhöht.“Da immer häufiger kabellose Techniken genutzt würden, könne dieser Strahlenbe­lastung praktisch niemand mehr aus dem Weg gehen. Die schädliche­n gesundheit­lichen Folgen seien längst bewiesen – „schon vor dem zusätzlich­en Ausbau von 5G“, zitiert der Agenda-Sprecher eine Studie.

Blüher: „Aus den genannten Gründen lehnen die Mitglieder des Agenda-Arbeitskre­ises Mobilfunk eine weitere Erhöhung der Strahlenbe­lastung der Bürger in Ravensburg ab. Ravensburg als Modellstad­t für die neue 5G-Technik ist ein Irrweg, der mit einem hohen Gesundheit­srisiko verbunden ist.“

 ?? FOTO: FLORIAN BÜHRER ?? 5G steht für das neue „Supernetz“beim Mobilfunk. In Ravensburg könnte es auf Straßenlat­ernen installier­t werden.
FOTO: FLORIAN BÜHRER 5G steht für das neue „Supernetz“beim Mobilfunk. In Ravensburg könnte es auf Straßenlat­ernen installier­t werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany