Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Der Plan für mehr Wohnraum

Regierung präsentier­t ihre Maßnahmen gegen die Wohnungsno­t – Was steckt dahinter?

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BERLIN - Kampf gegen hohe Mieten: Die Bundesregi­erung will mit einem umfangreic­hen Bündel an Maßnahmen die Wohnungsno­t in zahlreiche­n Städten lindern. Patentreze­pte oder Weiße Salbe – wie wirksam sind die Pläne? Petra Sorge mit wichtigen Antworten zum „Wohngipfel“im Bundeskanz­leramt.

Union und SPD verspreche­n 1,5 Millionen neue Wohnungen und Eigenheime bis 2021. Wie wollen sie das schaffen?

„Gemeinsame Wohnraumof­fensive“nennt sich das 13-seitige Papier, das die Ergebnisse der zweieinhal­bstündigen Beratungen von Immobilien­wirtschaft und Politik beim gestrigen „Wohngipfel“zusammenfa­sst. Die wichtigste­n Maßnahmen: mehr sozialer Wohnungsba­u, üppige Städtebauf­örderung, ein Plus beim Wohngeld. Von einer „großen Kraftanstr­engung“sprach Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) gestern. Wohnen sei „eine der wichtigen sozialen Fragen“. Die Maßnahmen seien die umfassends­ten, „die je unternomme­n wurde in dieser Breite, um sozialen Wohnungsba­u zu schaffen“, sagte Bundesbaum­inister Horst Seehofer (CSU).

Woher sollen die neuen Sozialwohn­ungen kommen?

100 000 zusätzlich­e Sozialwohn­ungen verspricht die Koalition bis zum Ende der Legislatur­periode. Fünf Milliarden Euro stellt der Bund den Ländern bis 2021 mindestens zur Verfügung. Damit soll der Schwund von Sozialwohn­ungen bundesweit gestoppt werden. In den vergangene­n 30 Jahren ist der Bestand von rund vier auf 1,25 Millionen geschrumpf­t, zahlreiche Städte haben ihre kommunalen Wohnungen verkauft. Damit der Bund den Ländern und Kommunen auch künftig bei der Finanzieru­ng des sozialen Wohnungsba­us helfen kann, wird das Grundgeset­z geändert – Bundestag und Bundesrat müssen also mit Zwei-DrittelMeh­rheit zustimmen. Der Bund will künftig auch selbst als Bauherr auftreten. Die Bundesanst­alt für Immobilien­aufgaben soll bezahlbare Wohnungen für die Bundesbedi­ensteten schaffen, insbesonde­re für Sicherheit­skräfte.

Sind die Pläne der Bundesregi­erung wirksam?

Der Deutsche Mieterbund bezweifelt das. „Unserer Ansicht nach müssten 100 000 Sozialwohn­ungen jedes Jahr gebaut werden und nicht in der ganzen Legislatur­periode“, sagte Bundesdire­ktor Lukas Siebenkott­en im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Dafür seien fünf Milliarden Euro pro Jahr, nicht pro vier Jahre nötig. „Der große Wurf ist das also bei Weitem nicht“, so Sie- benkotten. Der Deutsche Städtetag begrüßte die Maßnahme, forderte aber ein dauerhafte­s Engagement des Bundes über 2021 hinaus. „Das bleibt für uns als Städte als Forderung auf der Agenda“, sagte Präsident Markus Lewe gestern im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion.

Es soll mehr Wohngeld geben. Was ist da geplant?

Ab 1. Januar 2020 wird das Wohngeld ausgeweite­t und angehoben. So sollen einkommens­schwache Haushalte bei den Wohnkosten unterstütz­t werden. „Notwendig ist aber ein Automatism­us“, kritisiert­e Mieterbund-Bundesdire­ktor Siebenkott­en. „Der müsste jedes Jahr entspreche­nd den Mietsteige­rungen angepasst werden.“

Wo investiert der Bund außerdem noch?

Wesentlich ist die Städtebauf­örderung. 790 Millionen Euro stellt der Bund bereit, damit Ortskerne erneuert sowie Brach- und Randgebiet­e entwickelt werden können. Bundeseige­ne Grundstück­e sollen vermehrt den Kommunen zur Verfügung gestellt, Genehmigun­gsverfahre­n vereinfach­t werden. Auch der klimafreun­dliche oder altersgere­chte Umbau wird gefördert. Das Baurecht soll gelockert, die Chancen der Digitalisi­erung besser genutzt werden. Die Bundesregi­erung setzt aber auch auf Altbekannt­es und bereits Beschlosse­nes. Dazu zählen die 2,7 Milliarden Euro für das Baukinderg­eld, mit denen junge Familien höchstens 12 000 Euro über zehn Jahre erhalten, die Sonderabsc­hreibungen für den Mietwohnun­gsbau und die Wohnungsba­uprämie für Bausparer.

Kann die Bauwirtsch­aft so viele Immobilien bauen?

Das ist ungewiss, der Bauboom führt überall zu Engpässen. Deshalb will die Regierung zugleich eine Fachkräfte-Initiative im In- und Ausland starten, die Attraktivi­tät der Bauberufe stärken. Bundesbaum­inister Seehofer erklärte auch, dass die Regierung noch bis Jahresende das geplante Fachkräfte-Zuwanderun­gsgesetz vorlegen werde.

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FOTO: DPA Für 1,5 Millionen neue Wohnungen und Eigenheime wollen Union und SPD bis 2021 sorgen. Dazu muss noch einiges geschehen.

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