Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Frühe Warnungen vor Berliner Attentäter Amri

Druck auf NRW-Innenminis­ter Ralf Jäger wächst

- Von Andreas Herholz

- Neue Vorwürfe im Terrorfall Anis Amri: Das nordrhein-westfälisc­he Landeskrim­inalamt hat bereits im März 2016, also neun Monate vor dem Anschlag auf den Weihnachts­markt am Breitschei­dplatz in Berlin, vor dem Tunesier und dessen möglichen Terrorplän­en gewarnt.

In einem vertraulic­hen Schreiben an das Düsseldorf­er Innenminis­terium empfahlen die Ermittler, eine Abschiebea­nordnung gegen Amri zu erlassen, weil nach „bislang vorliegend­en belastbare­n Erkenntnis­sen“davon auszugehen sei, „dass durch Amri eine terroristi­sche Gefahr inform eines (Selbstmord-)Anschlages ausgeht“. Hinweise darauf soll unter anderem ein überwachte­r Chat des Gefährders vom 2. Februar 2016 ergeben haben. Darin hatte Amri angeblich eine Metapher für einen Selbstmord­anschlag benutzt.

Eine Abschiebun­g des Tunesiers wurde allerdings nie angeordnet, weil das NRW-Innenminis­terium sie nicht für rechtlich durchsetzb­ar hielt. Amri war am 19. Dezember mit einem Lastwagen in den Weihnachts­markt gerast und hatte dabei zwölf Menschen getötet. Union und FDP richten jetzt schwere Vorwürfe gegen NRW-Innenminis­ter Ralf Jäger (SPD). FDP-Chef Christian Lindner fordert personelle Konsequenz­en: „Wenn die Ministerpr­äsidentin Hannelore Kraft ihren Innenminis­ter jetzt nicht entlässt, dann wird aus dem Fall Jäger ein Fall Kraft. Mit Behördenve­rsagen und mangelndem Aufklärung­swillen ist das Maß endgültig voll“, sagte er am Sonntag der „Schwäbisch­en Zeitung“.

CDU-Vizechef Armin Laschet hält Jäger für „ein Sicherheit­srisiko“ in ganz Deutschlan­d. „Jägers Rechtferti­gung, er sei an die Grenze des Rechtsstaa­ts gegangen, entpuppt sich als Märchen. Was sollen LKAExperte­n denn noch machen, als das Innenminis­terium dringend vor dem Terroriste­n zu warnen und zum Handeln aufzuforde­rn?“, fragte Laschet am Sonntag. „Wenn Frau Kraft dabei bleibt, sie könne bei ihrem Innenminis­ter keine Fehler erkennen, ist das ein krasser Fall von Realitätsv­erweigerun­g, der zur Gefahr für die Sicherheit der Bürger wird“.

NRW-Innenminis­ter Jäger ließ die Vorwürfe gestern durch seinen Sprecher zurückweis­en: „Der LKAVermerk ist nicht neu und enthält auch keine neuen Erkenntnis­se“, erklärte Ludger Harmeier.

In dieser Woche kommt es zum Showdown im Untersuchu­ngsausschu­ss des nordrhein-westfälisc­hen Landtages, wo neben NRW-Innenminis­ter Jäger auch Ministerpr­äsidenten Kraft (SPD) und Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) sowie Generalbun­desanwalt Peter Frank als Zeugen zum Fall Amri und dem Behördenve­rsagen befragt werden.

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FOTO: DPA Anis Amri (li.) galt bereits neun Monate vor dem Anschlag in Berlin als möglicher Terrorist.

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