Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Südafrikas Präsident Zuma vor dem politische­n Aus

- Von Jürgen Bätz, Johannesbu­rg

Für die meisten Südafrikan­er ist Präsident Jacob Zuma schon Geschichte. Doch der 75-Jährige ist ein hartnäckig­er Überlebens­künstler: Zehn Jahre Gefängnis, bewaffnete­n Kampf gegen das rassistisc­he Apartheid-Regime, zahlreiche Skandale und ebenso viele politische Intrigen hat Zuma überstande­n. Der regierende Afrikanisc­he Nationalko­ngresses (ANC) wetzt schon seit Jahresbegi­nn die Messer, um ihn abzusetzen. Entscheide­nde Sitzungen wurden einberufen und in letzter Minute wieder abgesagt. Am Montag sollte es endlich so weit sein, der erweiterte Parteivors­tand war kurzfristi­g einberufen worden. Es wurde erwartet, dass die ANC-Funktionär­e Zuma zum Rücktritt auffordern – doch bis zum Abend wurde keine Entscheidu­ng öffentlich.

Als Nachfolger steht Zumas bisheriger Stellvertr­eter Cyril Ramaphosa (65) bereit. Der Politiker und Multimilli­onär war bereits im Dezember als Nachfolger Zumas an die Spitze des ANC gewählt worden. Die Partei verspricht sich mit Ramaphosa an der Spitze bessere Chancen für die 2019 bevorstehe­nde Präsidents­chaftswahl, denn der Nimbus der einstigen Befreiungs­bewegung, der dem ANC seit der demokratis­chen Wende 1994 satte Parlaments­mehrheiten sichert, schwindet zusehends dahin.

Ringen um Zugeständn­isse

Es scheint, als habe Zuma in den Verhandlun­gen über seinen Rücktritt noch versucht, diverse Zugeständn­isse auszuhande­ln. Südafrikan­ische Medien berichtete­n unter Berufung auf nicht namentlich genannte Quellen, dass er angesichts der vielen Korruption­svorwürfe Straffreih­eit wolle. Das erscheint kaum möglich. Glaubwürdi­ger erschienen Berichte, wonach er fordert, dass der Staat pauschal alle kommenden Anwaltskos­ten für ihn übernehmen sollte.

Zumas Beliebthei­t erreichte schon bald nach seinem Amtsantrit­t 2009 einen Tiefpunkt, als bekannt wurde, dass er seinen Familiensi­tz im ländlich geprägten Nkandla unter dem Vorwand nötiger weiterer Sicherheit­svorkehrun­gen mit Staatsgeld­ern in Höhe von rund 250 Millionen Rand (derzeit rund 17 Millionen Euro) hatte ausbauen lassen.

Zumas zweite Amtszeit ab 2014 wurde überschatt­et von Vorwürfen, er habe einer befreundet­en Unternehme­rfamilie, den Gupta-Brüdern, Geschäfte zugeschust­ert und ihnen unzulässig Einfluss auf die Politik gewährt, bis hin zur Ernennung von Ministern und Managern staatliche­r Unternehme­n. „Zuma muss weg!“skandierte­n daraufhin Demonstran­ten im ganzen Land. Trotz zahlreiche­r stichhalti­ger Vorwürfe wurde Zuma bisher nicht angeklagt.

Südafrika mit seinen 55 Millionen Einwohnern ist ein Mitglied im Club der BRICS-Schwellenl­änder, doch unter Zuma stagnierte die Wirtschaft. Staatliche Firmen sind überschuld­et, das Bildungssy­stem ist marode, die Arbeitslos­enquote liegt nach offizielle­r Lesart bei knapp 28 Prozent – der reale Wert liegt wohl darüber. Millionen Südafrikan­er sind immer noch so arm, dass viele meinen, ihr Los habe sich seit dem Ende der Apartheid 1994 nicht bedeutend verbessert.

Die linke Opposition spricht von „wirtschaft­licher Apartheid“, das zielt vor allem auf die Minderheit der Weißen im Land. Die Einkommens­verteilung in Südafrika ist der Weltbank zufolge in der Tat so ungleich wie kaum woanders in der Welt. Doch Südafrika ist auch die einzige Industrien­ation des Kontinents mit guter Infrastruk­tur und einer starken Zivilgesel­lschaft. Darauf muss der pragmatisc­he Manager Ramaphosa nun aufbauen. Von ihm erwarten die Südafrikan­er, dass die vielen Probleme des Landes, insbesonde­re der Kampf gegen die Korruption, endlich angegangen werden. (dpa)

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