Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„So viele Besucher wie noch nie“
Christoph Paris von Ravensbuch freut sich über den Erfolg von „Ravensburg liest“
RAVENSBURG - Mit der Entwicklung ihrer sommerlichen Vorlesereihe „Ravensburg liest“sind die Veranstalter von Stadtbücherei Ravensburg und Buchhandlung Ravensbuch sehr zufrieden. Das musikalische Rahmenprogramm hat sich verjüngt. Bei der abschließenden Lesung am Dienstag hat neben Martin Wiedemann und Ute Stuffer die SingerSongwriterin Vera Aggeler das Publikum bezaubert.
Neben der Musikschule war jetzt auch das Popbüro Bodensee-Oberschwaben, ein Projekt der Stadt Ravensburg, mit einbezogen. Die 25jährige, aus Wangen stammende Vera Aggeler stimmte mit einem „bluesigen“Lied vom Leben auf die Lesung ein. Die Lautsprechertechnik funktionierte durchweg hervorragend, der Sound war glasklar. Nichts trübte den Genuss der zahlreichen Zuhörer. Zwischen Café Miteinander und der Grünfläche des Spielplatzes lehnten sie sich auf ihren Stühlen zurück, beschirmt von Katzenlieselesturm und einer großen Buche.
Martin Wiedemann, Lehrer am Spohn-Gymnasium, stellte den 1964 in Köln geborenen Autor Steven Uhly und den Roman „Glückskind“kurz vor. Mit wenigen Sätzen umriss er die Hauptfigur: Hans ist ziellos. Es geht ihm schlecht. Er ernährt sich ungesund und putzt nicht. Martin Wiedemann las, wie Hans eines Tages ein Kind im Müll findet. „Ein verwahrloster alter Mann“und ein Baby, wie geht das?
Sehr viele Gefühle, zwischen Spannung, und Rührung, stößt der Text an, bis es Hans gelingt, dem Säugling etwas zu trinken zu geben. Ein paar Kinder hatten den Spielplatz verlassen und hörten zu. „Hans muss sich öffnen, ein Helfernetz aufbauen und es mit der Polizei aufnehmen“, gab Martin Wiedemann einen Ausblick. Mit kehlig-coolem Pathos leitete Vera Aggelers Lied „Flüchtend“über. Sie sang: „Es ist ein Flüchten vor mir selber, wenn ich bei dir bin.“
In schönem Kontrast dazu stand, was Ute Stuffer, Direktorin des Kunstmuseums Ravensburg, aus dem Buch „1913: Der Sommer des Jahrhunderts“von Florian Illies herauslas. „Keine Angst“, beruhigte die Museumsleiterin das Publikum, als sie die Geistesgrößen dieser Zeit aufzählte, um die es gehen sollte. Sie eröffnete die Reihe brillanter Skizzen und Anekdoten mit dem Erforscher des Unbewussten Sigmund Freud und schloss mit Kasimir Malewitsch und seinem „Schwarzen Quadrat“.
Der 31-jährige Picasso malte im Jahr 1913 eine Postkarte und schrieb an Gertrude Stein: „Draußen Dauerregen, größte seelische Krise.“Alfred Flechtheim war dabei, ein großer Kunsthändler zu werden. Oskar Kokoschka malte sein Meisterwerk, bei dem ihm Alma Mahler Porträt lag. Käthe Kollwitz wird von Selbstmordgedanken heimgesucht und Marcel Duchamp schafft das erste Readymade. Er stellt ein Vorderrad in seine Küche. „Egal“, sang Vera Aggeler und „Schade!“und wiegte sich in den Hüften. Nach den vier deutschsprachigen Liedern gab sie noch ein englisches zu Gehör: „This is our smell“.
Christoph Paris von Ravensbuch versprach: „Es geht weiter!“Er sei überzeugt, dass Claudia Dostler als Nachfolgerin von Berthilde Scherer und Gertrud Beck von der Stadtbücherei eine gute Zusammenarbeit mit der Stadtbücherei garantieren. Wer nächsten Sommer aus einem Lieblingsbuch vorlesen möchte, kann sich gerne jederzeit bei Paris oder Beck melden.
Wer bei „Ravensburg liest“vorlesen möchte, kann sich bei Christoph Paris in der Buchhandlung Ravensbuch (E-Mail c.paris@ravensbuch.de, Telefon 0751 / 79119124) oder in der Stadtbücherei bei Gertrud Beck (gertrud.beck@ravensburg.de, Telefon 0751 / 82514) melden.