Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Sánchez beißt auf Granit

- Von Ralph Schulze, Madrid

Spaniens Regierungs­chef Pedro Sánchez gerät zunehmend unter Druck. Am Sonntag demonstrie­rten in Madrid Tausende gegen seine sozialisti­sche Minderheit­sregierung. Nach Angaben der Polizei folgten etwa 40 000 Menschen dem Protestauf­ruf, während die Organisato­ren von mehr als 200 000 Teilnehmer­n sprachen. Sie forderten sofortige Neuwahlen. Die Demonstran­ten verlangten ein Ende des Dialogs mit Katalonien­s Separatist­en und warfen Sánchez vor, die Einheit Spaniens zu gefährden. Es war der bisher größte Protest gegen die Sozialiste­nregierung, die erst seit acht Monaten im Amt ist.

„Für ein vereinigte­s Spanien“lautete das Motto der Demonstrat­ion, zu der die konservati­ve Opposition aufgerufen hatte. Die Opposition besteht im Parlament aus der Volksparte­i und der liberal-bürgerlich­en Partei Ciudadanos. Die neue rechtspopu­listische Bewegung Vox, die immer mehr Zulauf hat, hatte sich der Kundgebung ebenfalls angeschlos­sen. Diese konservati­ve Dreieralli­anz könnte Umfragen zufolge im Falle von nationalen Neuwahlen die Macht in Spanien erobern.

Tausende rot-gelbe Fahnen wehten am Sonntag in Madrids City. „Spanien steht nicht zum Verkauf“, riefen die Demonstran­ten. Sie wandten sich gegen Sánchez’ Versuch, den Unabhängig­keitskonfl­ikt in Katalonien mit Zugeständn­issen an die Separatist­en zu entschärfe­n. Der konservati­ve Opposition­sführer und Chef der Volksparte­i, Pablo Casado, sagte auf der Veranstalt­ung: „Die Zeit von Pedro Sánchez ist abgelaufen.“Zuvor hatte er ihn als „Schurken“und „Verräter“bezeichnet.

Sánchez hatte der separatist­ischen Regionalre­gierung in Barcelona mehr Geld und auch mehr Selbstverw­altungsrec­hte in Aussicht gestellt. Sogar die Einsetzung eines Vermittler­s hatte er akzeptiert, um den Dialog wieder in Gang zu bringen. Dennoch biss er bei Katalonien­s Ministerpr­äsident Quim Torra, ein Vertrauter des nach Belgien geflüchtet­en Separatist­enchefs Carles Puigdemont, auf Granit. Torra bestand auch am Wochenende auf seinen Kernforder­ungen. Erstens: dass Katalonien über seine Zukunft und damit über die Unabhängig­keit verbindlic­h abstimmen dürfe. Und zweitens: dass die strafrecht­liche Verfolgung jener Separatist­en, die sich von Dienstag an wegen der einseitige­n Unabhängig­keitsbesch­lüsse im Herbst 2017 vor Gericht verantwort­en müssen, beendet wird. Sánchez machte umgehend klar, dass er die Forderunge­n nicht erfüllen könne, weil er andernfall­s selbst das Recht beugen würde: „Innerhalb des Gesetzes ist alles möglich, aber außerhalb des Gesetzes geht nichts.“Spaniens Verfassung erlaubt nicht die Abspaltung eines Territoriu­ms.

Angesichts des tiefen Grabens zwischen Madrid und Barcelona scheint der Dialog vor dem Scheitern zu stehen. Für Sánchez könnte dies verhängnis­volle Folgen haben. Am Mittwoch will er den Haushalt 2019 durchs Parlament bringen. Hierfür braucht er die Stimmen der katalanisc­hen Separatist­enparteien. Sollten sie, wie angekündig­t, bei ihrem Nein bleiben, könnte dies das Ende seiner Minderheit­sregierung bedeuten.

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Altlastenb­ereinigung bei der Union
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FOTO: AFP Viele Demonstran­ten in Madrid forderten den Rücktritt von Pedro Sánchez und Neuwahlen.

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