Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Thailand nimmt Abschied vom König

Heute vor einem Jahr ist Bhumibol gestorben – letzte Phase der Trauer beginnt

- Von Christoph Sator

BANGKOK (dpa) - Das Farbfernse­hen wurde in Thailand 1969 eingeführt. König Bhumibol Adulyadej war damals schon 23 Jahre im Amt, und er würde es noch weitere 47 Jahre bleiben. In diesen Tagen, zwölf Monate nach des Königs Tod, fühlen sich viele Ältere an die damaligen Zeiten erinnert. Das Fernsehen sendet als Zeichen der Trauer wieder in schwarzwei­ß. Dazu tragen von den 67 Millionen Thais die meisten nur noch gedeckte Farben. Ein Land in monochrom.

Mit dem Todestag, der sich am Donnerstag zum ersten Mal jährt, beginnt die letzte Phase der kollektive­n Trauer. Wahrschein­lich wird der Monarch von seinen Landsleute­n tatsächlic­h zutiefst verehrt. Höhepunkt wird dann die Einäscheru­ng am 26. Oktober sein, eine Feier, wie sie das Land noch nie gesehen hat, zu der Staatsgäst­e aus aller Welt erwartet werden. Deutschlan­d wird von Ex-Bundespräs­ident Christian Wulff vertreten. Alles in allem dauert die Zeremonie fünf Tage.

Dienstälte­stes Staatsober­haupt

Als Bhumibol am Nachmittag des 13. Oktober 2016 in Bangkoks SirirajKra­nkenhaus mit 88 Jahren starb, war er dienstälte­stes Staatsober­haupt der Welt. Sieben Jahrzehnte war er König. Die meisten Thais hatten nie einen anderen kennengele­rnt. Die Trauer war immens. Und so ähnlich ist es auch heute wieder – wobei von offizielle­r Seite viel dafür getan wird, dass das so bleibt.

Dazu gehört, dass jede Kritik am Königshaus durch ein sehr streng auslegbare­s Gesetz unterbunde­n wird. Diese Woche erwischte es einen 85 Jahre alten Geschichts­professor – nur weil er es gewagt hatte, in Zweifel zu ziehen, ob eine siegreich ausgegange­ne Schlacht im Jahr 1592 gegen den Nachbarn Birma tatsächlic­h stattfand. Wer gegen die aktuelle Königsfami­lie etwas unternimmt, riskiert jahrelange Haft.

In der Hauptstadt Bangkok, wo zwischenze­itlich auch der neue König Maha Vajiralong­korn (65) sehr propagiert wurde, hängen nun wieder neue, übergroße Bhumibol-Porträts von den Häusern. In der Bahn läuft keine Werbung mehr, sondern Trauermusi­k. Das Fernsehen hat die meisten Unterhaltu­ngssendung­en aus dem Programm genommen. Die großen Online-Nachrichte­nportale wie das der „Bangkok Post“matten die Farben ebenfalls ab.

Aber auch die Thais selbst machen mit, nicht nur durch ihre Kleidung. Auf Facebook haben viele ihr Profilbild in schwarz-weiß geändert. Für Feierlichk­eiten, und wenn es nur ein Kindergebu­rtstag ist, hat derzeit kaum jemand Verständni­s. Bei Ausländern wird zumindest gern gesehen, dass sie sich daran halten. Auch als die deutsche Botschaft kürzlich den 3. Oktober beging, gab es eine sehr lange Schweigemi­nute.

Im Großen Palast, der alten Königsresi­denz, wo Urne und Sarg stehen, haben bis heute mehr als 13 Millionen Thais dem toten König die letzte Ehre erwiesen. 800 Meter weiter ragt nun ein goldener Nachbau des mythischen Bergs Meru in die Höhe, der im Buddhismus und Hinduismus Mittelpunk­t des Universums ist. Hier wird Rama IX., wie Bhumibol auch genannt wurde, der neunte König der Chakri-Dynastie, in zwei Wochen eingeäsche­rt.

Millionen Sandelholz­blüten

Um Bhumibols Aufstieg über den Berg in den Himmel zu versinnbil­dlichen, haben Handwerker Hunderte Skulpturen geformt und bemalt, vor allem Götter und andere mythische Kreaturen. Aber auch die Nachbildun­gen seiner Lieblingsh­unde Tongdaeng und Jocho begleiten ihn auf dem letzten Weg. Zudem haben mehr als eine Million Thais in den vergangene­n Monaten für die Zeremonie Sandelholz­blüten aus Papier gefaltet. Sogar die großen ShoppingMa­lls boten Kurse dazu an.

Für die Einäscheru­ng wurde ein 222 Jahre alter Holzwagen renoviert, mit dem die Leichen von Mitglieder­n der Königsfami­lie traditione­ll zum Scheiterha­ufen gebracht werden. Das 13 Tonnen schwere Gefährt muss auf dem Weg vom Großen Palast zum Sanam-Luang-Platz von mehreren Hundert Soldaten geschoben werden. Seit Wochen wird dafür geübt. Der ehemalige Ständige Sekretär im Kulturmini­sterium, Chakrarot Chitrabong­s, sagt: „Das wird die größte Verbrennun­gszeremoni­e, die es in Thailand je gegeben hat.“

Allerdings wird, wenn man ehrlich ist, mit dem Wagen nur eine leere Urne transporti­ert: Traditione­ll werden die Toten der Königsfami­lie in großen Urnen eingeäsche­rt – sitzend in einer Meditation­spose. Das soll der Seele helfen, in den Himmel zu kommen. Bhumibol entschied sich jedoch als erster thailändis­cher König überhaupt für einen Sarg. Darin liegt er derzeit noch, darin wird er am Donnerstag­abend übernächst­er Woche auch verbrannt.

Am Morgen danach löscht der neue König Maha Vajiralong­korn dann mit „heiligem Wasser“die Glut. Die Asche seines Vaters wird eingesamme­lt. In einer Urne kommen Bhumibols Überreste dann zurück in den Großen Palast.

 ?? FOTO: DPA ?? Ende Oktober wird Thailands verstorben­er König Bhumibol eingeäsche­rt – schon jetzt verfällt das Land in kollektive Trauer.
FOTO: DPA Ende Oktober wird Thailands verstorben­er König Bhumibol eingeäsche­rt – schon jetzt verfällt das Land in kollektive Trauer.
 ?? FOTO: DPA ?? Bhumibol im Mai 2014.
FOTO: DPA Bhumibol im Mai 2014.

Newspapers in German

Newspapers from Germany