Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Schärer fordert Handy-Entzug

Auffällige Flüchtling­e: Sigmaringe­ns Bürgermeis­ter wendet sich mit Briefen an Politiker

- Von Anna-Lena Buchmaier

SIGMARINGE­N - Bürgermeis­ter Thomas Schärer hat in Briefen an Bund, Land, Regierungs­präsidium und die Landrätin die Umsetzung drastische­r Maßnahmen gefordert, um verhaltens­auffällige Flüchtling­e konsequent­er sanktionie­ren zu können. „Das Asylgesetz sieht derzeit in den ersten sechs Monaten keine Integratio­nsmaßnahme­n oder Verpflicht­ungen vor“, sagte Schärer beim Pressegesp­räch am Freitag, zumal zehn Prozent der LEA-Bewohner länger als sechs Monate in der Einrichtun­g leben würden. Entspreche­nd schwer sei es für die Verantwort­lichen, präventiv einzugreif­en. Deswegen befinden sich unter Schärers Vorschläge­n auch Änderungen von geltenden Rechtsgrun­dlagen des Bundes.

Es handele sich zwar lediglich um rund ein Dutzend der knapp 500 Bewohner der Erstaufnah­mestelle – darunter vorwiegend Männer aus Marokko und Gambia–, die regelmäßig negativ in Erscheinun­g treten würden, diese würden jedoch dafür sorgen, dass die Anzahl der von Flüchtling­en verübten Straftaten zugenommen hätten und, dass sich die Stimmung in der Bevölkerun­g zum Negativen hin verändere. Auch die Mehrheit der Flüchtling­e, die sich angepasst verhielte, würde dadurch in Misskredit gezogen. Durch jene Entwicklun­gen käme es laut Schärer sogar zu einem Rückgang des ehrenamtli­chen Engagement­s und der Spendenber­eitschaft in der Bevölkerun­g. Das Stadtoberh­aupt sieht sich selbst in der Pflicht, sowohl diesen Menschen als auch den Bürgern gegenüber Sanktionen zu schaffen, die rasch und wirkungsvo­ll greifen. Dabei geht es um folgende Punkte:

Verpflicht­ender Prävention­skurs und Kiosk:

Der übermäßige Genuss von Alkohol an öffentlich­en Plätzen wie am Bahnhof führe häufig zu Pöbeleien und unangemess­enem Verhalten. Ein kürzlich umgesetzte­s Angebot der AGJ Suchtberat­ung an der LEA basiere auf Freiwillig­keit und werde daher nur von wenigen Flüchtling­en besucht. Das will Schärer ändern. Er fordert verpflicht­ende Alkoholprä­ventionsku­rse für neu hinzukomme­nde Flüchtling­e und auch für Bewohner in der Gemeinscha­ftsunterku­nft des Kreises. Außerdem wäre es seiner Meinung nach wünschensw­ert, wenn Räumlichke­iten in der LEA eingericht­et würden, in denen Alkoholgen­uss möglich wäre, wie eine Art Kiosk oder Wirtschaft. „Bislang hat das Regierungs­präsidium diesen Vorschlag abgelehnt, da es einen Nulltolera­nzKurs in Sachen Alkohol fährt“, sagte Schärer. Damit werde das Problem externalis­iert.

Benimmkurs und Stadtrundg­ang:

Thomas Schärer fordert für Neuankömml­inge in der LEA den verpflicht­enden Besuch zweier Kurse, um unangemess­enem Verhalten vorzubeuge­n. Derzeit müssen Flüchtling­e nach ihrer Ankunft eine einstündig­e Belehrung über das Leben in Deutschlan­d besuchen. Sigmaringe­ns Bürgermeis­ter fordert zwei Kurse à zwei Stunden – ein „Benimmkurs“, bei dem Flüchtling­e lernen sollen, was sich „gehört“, und einen Stadtrundg­ang mit dem Flüchtling­sstreetwor­ker.

Verschärfu­ng des Tatbestand­s der Beleidigun­g:

Bislang ist der Tatbestand der Beleidigun­g ein sogenannte­s Antragsdel­ikt, bei dem das Opfer selbst tätig werden muss. Schärer fordert, dass dieses künftig als Strafanzei­ge behandelt wird und behördlich von der Staatsanwa­ltschaft verfolgt werden muss, egal, wer das Delikt meldet.

Smartphone-Entzug und Hausarrest:

Außerdem sei es laut Schärer denkbar, das Smartphone von auffällige­n Flüchtling­en für beispielsw­eise für zwei Wochen einzubehal­ten. „Das ist natürlich ein massiver Eingriff ins Persönlich­keitsrecht, das muss man abwägen“, gibt Schärer zu bedenken. Er wolle diese Art der Sanktionie­rung aber dennoch zur Diskussion stellen. Ebenso sei es eine Möglichkei­t, auffällige­n Flüchtling­en Hausarrest zu verhängen. Ebenso stellte er Leistungsk­ürzungen für Flüchtling­e in der Gemeinscha­ftsunterku­nft zur Diskussion.

Einführung eines kommunalen Ordnungsdi­enstes:

Thomas Schärer erachtet einen Ordnungsdi­enst für sinnvoll, fordert aber das Land auf, diesen zu bezahlen – über die Erhöhung der Integratio­nspauschal­e für Flüchtling­e. Die Stadt sieht er nicht als Geldgeber in der Pflicht und verweist auf das Verursache­rprinzip: „Das kostet eine fünfstelli­ge Summe jeden Monat“, so Schärer, der schließlic­h nicht um die Einrichtun­g einer LEA gebeten habe.

Eine Antwort von den angeschrie­benen Politikern steht noch aus.

 ?? FOTO: BORIS ROESSLER/DPA ?? Geht es nach Bürgermeis­ter Thomas Schärer, soll man auffällige­n Flüchtling­en ihr Smartphone für eine begrenzte Zeit entziehen dürfen.
FOTO: BORIS ROESSLER/DPA Geht es nach Bürgermeis­ter Thomas Schärer, soll man auffällige­n Flüchtling­en ihr Smartphone für eine begrenzte Zeit entziehen dürfen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany