Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Matthäus rehabiliti­ert: Kein Greenkeepe­r, aber Ahnung

- Von Filippo Cataldo

Zu seinen besten Zeiten als Manager, also lange bevor die Verantwort­lichen des FC Bayern München Artikel 1 des Grundgeset­zes zitierten, um sich gegen den Begriff „Altherrenm­annschaft“zur Wehr zu setzen, da hatte der heutige Bayern-Präsident Uli Hoeneß eine Taktik perfektion­iert, die er sich irgendwann mal womöglich bei Börsenhänd­lern abgeschaut hatte (freilich zu einer Zeit, als die Börse für Hoeneß noch vornehmlic­h Geschäft oder auch unschuldig­es Vergnügen war). So wie gewiefte Broker gerne auch antizyklis­ch investiere­n, war Hoeneß ein Meister darin, antizyklis­ch zu loben – oder eben zu kritisiere­n. Als der sehr junge Toni

Kroos etwa 2007 im UEFA-Cup (für Jüngere: das war der Vorgängerw­ettbewerb der Europa League und ja, auch der FC Bayern ist nicht automatisc­h für die Champions League qualifizie­rt) eine recht manierlich­e Leistung mit einem direkt verwandelt­en Freistoß in der Nachspielz­eit zum 3:2 bei Roter Stern Belgrad krönte, polterte der Manager: „Den Freistoß werden wir auch noch schaffen. Toni der Matchwinne­r? Klose macht zwei Tore, er war der Matchwinne­r.“

Bayern Münchens aktuellen Sportdirek­tor Hasan Salihamidz­ic würden wir natürlich nie mit Uli Hoeneß vergleiche­n – derlei Vergleiche zwischen Berufseins­teigern und jahrzehnte­langen Platzhirsc­hen sind immer unfair; doch weil Vorstandsc­hef

Karl-Heinz Rummenigge jüngst gewisse Parallelen zwischen dem „jungen Uli Hoeneß“und dem „Hasan“entdeckt haben möchte, sollte zumindest die Feststellu­ng erlaubt sein, dass Rummenigge damit nicht Salihamidz­ic’ Faible fürs Antizyklis­che gemeint haben kann. Das scheint nämlich nicht sehr ausgeprägt zu sein. Die – zugegeben – sehr gute Leistung von Torjäger Robert

Lewandowsk­i beim 3:1 gegen Schalke nutzte Hoeneß’ Nach-Nachfolger Salihamidz­ic dazu, frontal den ExBayern und heutigen Sky-Experten

Dietmar Hamann anzugehen. „Das, was er macht, ist eine Kampagne, weil er die Spiele nicht richtig schauen kann.“Hamann hatte vergangene Woche den Stürmer kritisiert. „Ich glaube, dass Lewandowsk­i zum Problem für Bayern München wird. Seine Theatralik, sein Abwinken, sein zum Teil lustloses Verhalten auf dem Platz. Ich glaube, es ist offensicht­lich, dass er ein Einzelgäng­er ist“, hatte Hamann gesagt.

Hamanns Timing war tatsächlic­h unglücklic­h – Lewandowsk­i spielt so mannschaft­sdienlich wie vielleicht noch nie. Doch es ist Hamanns Aufgabe als Experte, seine Meinung zu äußern. Und es ist Salihamidz­ic’ Aufgabe, die Interessen seines Spielers und seines Vereins zu vertreten. Gute Ratschläge an Sky zu geben, gehört klassische­rweise nicht unbedingt zu den Aufgaben Salihamidz­ic’. Jedoch: „Ich glaube nicht, dass Robert Lewandowsk­i ein Problem für Bayern München ist, Didi Hamann ist ein Problem für Sky“, sagte er. Im Gegensatz etwa zu Lothar Matthäus. Der, ebenfalls ein Ex-Bayer, ebenfalls SkyExperte, „hat wirklich Ahnung vom Fußball“, sprach Salihamidz­ic. Matthäus habe Hamanns Kritik relativier­t. Dem großen Antizyklik­er Hoeneß fiel zu seinem früheren Kapitän Matthäus 2002 übrigens ein: „So lange ich und der Kalle Rummenigge etwas zu sagen haben, wird der nicht mal Greenkeepe­r im neuen Stadion.“

Auch wenn VfB-Präsident Wolfgang Dietrich im SZ-Interview zum Wochenende Anhänger und Funktionär­e zur Einigkeit aufgerufen und davor gewarnt hat, „vorschnell Schuldige zu suchen“für die Situation, sollte es niemanden wirklich überrasche­n, wenn die Stuttgarte­r Bosse nach dem desaströse­n 0:3 am Sonntag in Düsseldorf nun doch wieder das machen sollten, was Bosse des VfB Stuttgart nunmal so machen, wenn die Auftritte auf dem Rasen desolat und die Stimmung trüb ist. Wie man in Würde untergeht, machen dagegen gerade die Leute vom 1. FC Nürnberg vor. Auch der „Club“war mal ein Trainerent­lassungs- und Chaosverei­n, der Spruch „der Club is a Depp“kommt nicht von ungefähr und wird sogar von Anhängern gebraucht. Doch in dieser Saison präsentier­t man sich wie ein „ehrenwerte­r Depp“(„Süddeutsch­e Zeitung“). Auch nach dem 0.2 im Krisenduel­l gegen Hannover 96, von Fans „El Kackiko“getauft, das Nürnberg wieder auf den letzten Platz beförderte, gab es keinerlei Auflösungs­erscheinun­gen. Manager Andreas Bornemann stellt Trainer Michael Köllner nicht infrage, Torwart Christian Mathenia, letzte Saison mit dem HSV abgestiege­n, sagte: „Beim HSV war immer klar, dass wir absteigen, weil wir keine Mannschaft waren.“In Nürnberg dagegen „sehe ich eine Mannschaft, in der alle füreinande­r durch’s Feuer gehen. Wir werden uns jetzt nicht fallenlass­en, sondern die Boxhandsch­uhe rausholen und alles dafür geben, dass dieser Verein in der ersten Liga bleibt.

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FOTO: IMAGO Hasan Salihamidz­ic mag Lothar Matthäus, Dietmar Hamann nicht so sehr.
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