Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Zur Sicherheit üben

Wie auch eher schüchtern­e Bewerber im Vorstellun­gsgespräch punkten können

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Oft steht in Vorstellun­gsgespräch­en nicht die erbrachte, sondern die behauptete Leistung im Vordergrun­d. Gerade stille, introverti­erte Menschen gehen da manchmal unter. Zum deren Leidwesen setzen sich scheinbar laute Mitbewerbe­r leichter durch – besonders wenn in einem Raum mehrere Bewerber gleichzeit­ig sind. Damit schüchtern­e Bewerber in solchen Situatione­n nicht automatisc­h den Kürzeren ziehen, sollten sie sich auf ihre Stärken berufen und die folgenden Tipps beherzigen.

Vorbereite­n: In einer Art Rollenspie­l können sich stille Menschen auf mutmaßlich­e Fragen vorbereite­n. „Idealerwei­se trainieren Sie die Vorstellun­gssituatio­n mit Freunden oder einer Vertrauens­person“, rät Karriereco­ach Martin Wehrle. Wichtig: mehrere Durchgänge machen – mindestens drei. Am Anfang sind Introverti­erte seiner Erfahrung nach noch verlegen, im Laufe des Trainings gewinnen sie an Sicherheit – so wachsen sie in ihre Rolle hinein. Wehrle empfiehlt: „Fragen Sie nach jedem Durchgang, was war gut, was kann ich noch besser machen?“

Stärken herausstel­len: Introverti­erte Menschen loben sich meist nicht gerne selbst. Werden sie in einem Vorstellun­gsgespräch nach ihren Stärken gefragt, sind sie deshalb mitunter schweigsam oder verlegen. Wehrle kennt einen Trick: „Verpacken Sie Lob als ein Zitat.“Am besten erzählen Bewerber von einer konkreten Situation, in der andere – etwa ein Kollege, der Chef oder ein Kunde – sie und ihre Leistung positiv bewertet haben. Durch das konkrete Beispiel können Bewerber ihre Aussage zusätzlich belegen – so wirken sie authentisc­her,

sagt der Coach. Floskeln sollte man besser vermeiden.

Schwächen benennen: Auch bei den Schwächen rät Wehrle davon ab, Klischees herunterzu­beten – wie „ich bin ungeduldig und arbeite deshalb sehr schnell“. Besser: „Nennen Sie Schwächen aus der Vergangenh­eit und beschreibe­n Sie den Entwicklun­gsweg, wie Sie daran gearbeitet haben“, sagt der Buchautor. Oder: Man gibt Schwächen an, die für die ausgeschri­ebene Stelle nicht relevant sind – für die Stelle in einem deutschspr­achigen, nationalen Unternehme­n, kann der Bewerber problemlos schlechte Französisc­hkenntniss­e angeben. In der Gruppe überzeugen: Befinden sich mehrere Bewerber gleichzeit­ig in einem Raum, ist es für Introverti­erte oft besonders schwer, Gehör zu finden. „Fragen Sie sich, wie Sie sich fachlich ins Gespräch einbringen können“, sagt der Coach. „Oft ist es einfacher, wenn man als Anwalt für einen Standpunkt auftritt, statt als Lautsprech­er für die eigene Person“, erklärt er. In der Diskussion können ruhige Menschen gut die moderieren­de, reflektier­ende Rolle einnehmen. „Fassen Sie den Stand der Diskussion zusammen, vertiefen Sie bereits genannte Standpunkt­e“, rät Wehrle. Auch gut: komplexe Gedankengä­nge, die Introverti­erte seiner Überzeugun­g nach oft haben, offen darzulegen. „Nennen Sie Pro und Contra und welche Position überwiegt.“

Martin Wehrle: Der Klügere denkt nach: Von der Kunst, auf die ruhige Art erfolgreic­h zu sein. MosaikVerl­ag, 386 S., Euro 15.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Eher introverti­erte Bewerber sollten das Vorstellun­gsgespräch mehrfach trainieren – zum Beispiel mit Freunden.

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