Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Afrika-Kenner
Aus seiner Zeit als Bundespräsident von 2004 bis 2010 sind von Horst Köhler vor allem die unglücklichen Umstände seines Rücktritts in Erinnerung geblieben – der CDU-Politiker warf sein Amt hin, nachdem er für eine Aussage zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr heftig kritisiert worden war. Parteiübergreifend gewürdigt wurde hingegen stets sein dauerhafter, engagierter Einsatz für Afrika. Nun ist seine Expertise erneut gefragt: Köhler wird Gesandter der Vereinten Nationen für den Konflikt in der Westsahara.
Als Nachfolger des US-Diplomaten Christopher Ross soll er zwischen Marokko und den Rebellen der Polisario-Front im Streit um den Status des Territoriums vermitteln – der Konflikt schwelt mal mehr, mal weniger intensiv, seit die ehemalige spanische Kolonie nach Erlangung ihrer Unabhängigkeit im Jahr 1975 größtenteils von Marokko annektiert wurde.
Schon vor seiner Zeit im Schloss Bellevue, als Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF), unternahm Köhler zahlreiche Reisen nach Afrika. Er warb dafür, den Kampf gegen die Armut dort zu einem Schwerpunkt des IWF zu machen. Er trat für die nachhaltige Entwicklung der afrikanischen Wirtschaft ein und für eine partnerschaftliche internationale Politik – ein Engagement, dem er während und nach seiner Zeit als Bundespräsident verbunden blieb. So war Köhler an der Ausarbeitung der 2015 verabschiedeten UNEntwicklungsziele beteiligt. Seit 2016 leitet der 74-Jährige gemeinsam mit dem früheren UN-Generalsekretär Kofi Annan ein Beratungsgremium der Afrikanischen Entwicklungsbank. Ulrich Mendelin