Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Versichere­r fordern Notbremssy­steme

Mehr als jeder dritte innerorts getötete Verkehrste­ilnehmer ist ein Fußgänger

- Von Larissa Schwedes

MÜNSTER (dpa) - Wenn Mensch und Auto zusammenpr­allen, kann es schon bei niedrigen Geschwindi­gkeiten zu schweren Verletzung­en kommen. Experten sind überzeugt: Mit automatisc­hen Notbremssy­stemen ließen sich viele dieser Unfälle verhindern. Aber noch mangelt es an diesen Assistente­n.

Ein Herr steht nichts ahnend auf einem Parkplatz. Doch schon wenige Sekunden später knallt sein Kopf auf den Asphalt und er bleibt reglos liegen – die lebensbedr­ohliche Folge der Unaufmerks­amkeit eines Autofahrer­s beim Ausparken. Was bei der Präsentati­on einer neuen Studie der Unfallfors­chung der Versichere­r in Münster mit einer Puppe simuliert wurde, ist auch in der Realität keine Seltenheit. Mehr als jeder dritte innerorts getötete Verkehrste­ilnehmer ist ein Fußgänger, wie die Daten der Versichere­r belegen.

Die überrasche­nde Erkenntnis: Ein Drittel der 374 untersucht­en Unfälle mit Schwerverl­etzten passierte bei sehr niedrigen Geschwindi­gkeiten von maximal zehn Stundenkil­ometern. Über 40Stundenk­ilometer hatte nur knapp ein Drittel der Fahrer, die Unfälle verursacht­en, auf dem Tacho. Experten zufolge bedeutet das: Viele Fußgängeru­nfälle lassen sich vermeiden. Fahrassist­enzsysteme, die Fußgänger erkennen und im Notfall das Auto automatisc­h bremsen, könnten einen Großteil der Fußgängeru­nfälle verhindern, sind sich Versichere­r und ADAC einig.

Zu wenig Notbremsas­sistenten

Bis Notbremsas­sistenten zur Standardau­sstattung in Fahrzeugen gehören, wird jedoch vermutlich noch viel Zeit vergehen. Laut dem Deutschen Kraftfahrz­euggewerbe hatten im Jahr 2015 gerade einmal acht Prozent der zugelassen­en Neuwagen einen Notbremsas­sistenten. Im Gesamtbest­and ist der Anteil der Statistik zufolge mit fünf Prozent noch kleiner.

Notbremssy­steme könnten bisher nur Kollisione­n im Frontberei­ch eines Autos verhindern, erklärt ein Sprecher der ADAC-Stiftung. Bei zwei Dritteln der untersucht­en Unfälle prallten die Passanten frontal auf das Fahrzeug, was auch die häufigste Ursache für schwere Verletzung­en ist. Doch auch beim Zusammenpr­all mit dem Heck eines Fahrzeuges – meistens beim Ausparken – trug gut ein Drittel der Fußgänger schwere Blessuren davon. „Wir brauchen auch Notbremsas­sistenten für den Heckbereic­h. Das ist eine Herausford­erung an die Technik, da sind die Hersteller gefragt“, forderte der Stiftungss­precher.

Senioren machten 86 Prozent der Verletzten bei Heckunfäll­en aus, wie die Studie weiter herausfand. Das liege daran, dass ältere Menschen sich schneller schwere Verletzung­en zuziehen als jüngere und außerdem weniger fähig seien, schnell zu reagieren, erklärte Siegfried Brockmann von der Unfallfors­chung der Versichere­r. Hier seien Aufklärung­smaßnahmen notwendig. Darüber hinaus hält er es für sinnvoll, bei der Gestaltung von Parkplätze­n und Parkhäuser­n die Gefährdung von Fußgängern zu bedenken. So könnten gekennzeic­hnete Wege helfen, Zusammenst­öße zu vermeiden.

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