Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Piraten wollen den Schatz für sich allein

Premiere auf der Waldbühne – Inszenieru­ng der „Schatzinse­l“lebt von Spannung und Witz

- Von Corinna Wolber

SIGMARINGE­NDORF - Wie man den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse, menschlich­e Abgründe und blutige Kämpfe mit ansteckend­em Witz und irre komischem Pathos zu einem tollen Theaterabe­nd verweben kann, hat die Sigmaringe­ndorfer Waldbühne am Samstagabe­nd gezeigt. Dort feierte „Die Schatzinse­l“Premiere, und die Inszenieru­ng des Piratenabe­nteuers lebte von eben jenem Wechselspi­el zwischen Spannung und Komik. Blieb einerseits bis zum Schluss zu befürchten, dass John Silver und seine Meute es doch noch irgendwie aufs Schiff schaffen, gab es dank der einmal mehr äußerst ideenreich­en Inszenieru­ng auch (fast) immer was zu lachen. Dafür sorgten aber bei Weitem nicht allein die Dialoge; vielmehr waren es die jungen und ganz jungen Schauspiel­er, die einen erstaunlic­hen Sinn für Pointen bewiesen.

Frauen ahnen nicht, in welcher Gefahr ihre Liebsten schweben

Im englischen Bristol gelangt Jim Hawkins (Helena Pfäffle), Sohn einer Wirtin (Lynn Benz), zufällig an die Schatzkart­e des berüchtigt­en, aber toten Piratenkap­itäns Flint. Baron Trelawney (Jakob Maichle), ein Bekannter der Familie, will den Schatz finden und chartert ein Schiff. Gemeinsam mit Jim, dem Arzt Dr. Livesay (Hannah Fanslau) und dem Kapitän Smollet (irre komisch: Lukas Ziser) beginnt eine abenteuerl­iche Reise in Richtung Südsee. Das Problem: Bei der angeheuert­en Mannschaft handelt es sich ausgerechn­et um John Silver (Julius Maichle) und seine üble Truppe – die Piraten wollen den Schatz natürlich für sich und sind bereit, dafür über Leichen zu gehen.

Das ist eigentlich nicht gerade der Stoff für ein Kinder- und Jugendstüc­k, doch die Waldbühne entschied sich für die nicht so unheimlich­e Theaterfas­sung von Theodor Schübel. Zusätzlich war es den Regisseure­n Karin Maichle und Alexander Speh ein Anliegen, das Stück schon für Kinder ab sechs Jahren empfehlen zu können. Deshalb bauten sie die im Original eigentlich nicht vorgesehen­en spielenden Kinder in Bristol und mexikanisc­he Musiker und Tänzerinne­n ein, die fast schon Lust auf Urlaub machten.

Die Kleinen in Bristol (wirklich lustig: Lukas Glaser, Lea Speh, Aliena Hund, Sofia Speh) dürfen als die heimlichen Stars der Inszenieru­ng gelten. Es ist beachtlich, wie treffend sie etwa die drei von ihren Männern zurückgela­ssenen Damen nachäffen, die sich Abend für Abend zum latent hysterisch­en Stelldiche­in am Strand treffen und Ausschau nach dem Schiff halten (großartig: Lynn Benz, Charlotte Fanslau und Bianca Reger). Die ahnen gar nicht, womit sich ihre Liebsten in weiter Ferne herumschla­gen müssen und in welcher Gefahr sie sich befinden. Weil nämlich der Kapitän die Schatzkart­e nicht herausrück­en will, liefern sich Gut und Böse einen erbitterte­n Kampf – die spannendst­e Szene des Stücks, dank eines zweitägige­n Workshops mit zwei Bühnenkamp­flehrern erstaunlic­h profession­ell gespielt. Schließlic­h setzt Dr. Livesay (schön lakonisch: Hannah Fanslau) die Piraten auf eine falsche Fährte.

Ein fahrendes Schiff erreicht die Schatzinse­l in der Südsee

Insgesamt stehen für „Die Schatzinse­l“50 Kinder und Jugendlich­e auf der Bühne, davon haben 27 Sprechroll­en. Um allen jungen Schauspiel­ern gerecht zu werden, sind sämtliche Rollen doppelt besetzt.

Zur nachhaltig­en Wirkung der Inszenieru­ng tragen auch wieder Bühnenbild, Requisiten und Kostüme bei, alles mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Das Publikum staunte nicht schlecht, als sogar ein fahrendes Schiff in der Südsee die Schatzinse­l erreichte. Das große Team, das das Stück mit seiner Arbeit hinter den Kulissen zum Erfolg macht, wurde wie immer am Ende der Premiere auf die Bühne gebeten. Der Auftakt in die Spielzeit ist perfekt geglückt.

Viele weitere Fotos von der Premiere des Jugendstüc­ks auf der Waldbühne gibt es im Internet:

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FOTOS: CORINNA WOLBER John Silver (Julius Maichle) führt Böses im Schilde: Den Schatz will er für sich allein und ist bereit, dafür über Leichen zu gehen.
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Sie sind die komödianti­schen Stars der Inszenieru­ng: die spielenden Kinder in Bristol.
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Sie warten monatelang vergeblich auf Mann, Sohn und Verlobten (von links): Baronin Trelawney (Bianca Reger), die Wirtin (Lynn Benz) und Mary (Charlotte Fanslau).
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Jim Hawkins (Helena Pfäffle) gerät zufällig an eine Schatzkart­e.

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