Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Bahn will Konkurrenz Kunden abjagen

Bahnchef Lutz will mit stabilem Internet und Hochgeschw­indigkeits­strecken punkten

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BERLIN (dpa) - Die Deutsche Bahn will im Konkurrenz­kampf mit Flugzeugen und Fernbussen Tempo machen und lockt dafür auch mit stabilerem Internet für alle Reisenden im ICE. „Kostenlose­s WLAN ist für unsere Kunden sehr wichtig. Das haben wir verstanden“, sagte Bahnchef Richard Lutz nach 100 Tagen im Amt. „Wir haben pro Tag in den ICEs etwa 130 000 Nutzer, die im Schnitt zwei Stunden im System sind.“Mit dem Start der neuen Hochgeschw­indigkeits­strecke Berlin-München im Dezember würden die ICE eine „sehr ernsthafte Alternativ­e gegenüber dem Flieger“. Im Wettbewerb mit Fernbussen erkennt der Bahnchef ebenfalls wieder bessere Angriffsmö­glichkeite­n.

„Man sieht, dass Flixbus – mit über 90 Prozent Marktantei­l – Verbindung­en streicht und Preise erhöht“, sagte Lutz mit Blick auf den größten Fernbusanb­ieter. „So gesehen wird im Vergleich die Schiene wieder attraktive­r.“Die Bahn selbst war im vergangene­n Jahr auch angesichts von Verlusten aus dem rasant gewachsene­n Fernbusmar­kt ausgestieg­en. Die neue Konkurrenz könne man aber im Nachhinein als einen Weckruf sehen, sagte der Bahnchef. Dadurch habe der Konzern die Kunden „wieder stärker in den Mittelpunk­t gerückt und viele Dinge angestoßen, die uns jetzt guttun und die auch der Kunde honoriert“.

Innerdeuts­chen Flügen will Lutz weiter den Kampf ansagen. „Viele Kunden werden vom Flugzeug auf die Bahn umsteigen“, sagte er mit Blick auf die neue Strecke BerlinMünc­hen. Zum Fahrplanwe­chsel am 10. Dezember kommt der letzte schnelle Abschnitt in Thüringen und Bayern hinzu. Zwischen beiden Metropolen fahren dann täglich pro Richtung drei Sprinter in 3:55 Stunden und zusätzlich 15 normale ICE mit mehr Stopps in 4:25 Stunden. Bislang dauert die Fahrt gut sechs Stunden. „Unsere Bahnhöfe liegen zudem in den Innenstädt­en und haben damit einen enormen Vorteil gegenüber den Flughäfen.“

WLAN im ICE, das die Bahn seit dem Jahreswech­sel auch in der zweiten Klasse gratis anbietet, funktionie­re mit einer Verfügbark­eit oberhalb der 95 Prozent stabil. „Man spürt schon, dass das ein Thema war, das die Kunden umgetriebe­n hat und eines der Ärgernisse war“, sagte Lutz. „Es geht ja vielen so, dass man Reisezeit zum Arbeiten oder für die sozialen Medien nutzen möchte.“Bei der Netzabdeck­ung der Mobilfunkb­etreiber an den Strecken gebe es Ausbauplän­e, sodass auch Telefonier­en im Zug noch besser werden solle. Schrittwei­se sollten auch im Nahverkehr drahtlose Internetzu­gänge für Fahrgäste kommen. Hierzu gebe es „positive Gespräche“mit Bestellern. Anders als im Fernverkeh­r betreibt die Bahn ihre Regionalzü­ge nicht auf eigene Rechnung, sondern fährt im Auftrag von Bundesländ­ern oder Verkehrver­bünden. Nur wenn diese in den Ausschreib­ungen für regionale Netze WLAN verlangen, wird dieses auch eingebaut. „Es ist klar, dass wir bei den Kosten sicherlich eine Art finanziell­e Lastenteil­ung machen werden“, sagte Bahnchef Richard Lutz nach den ersten 100 Tagen.

Lutz.

Seit 2015 gibt es mehrere Pilotversu­che mit WLAN in Regionalzü­gen. „Da wird es anders als im Fernverkeh­r keinen Big Bang geben, wo man sagt: Jetzt schalten wir den Nahverkehr ins Internet frei“, skizzierte Lutz den Stand der Dinge. „Unsere Vision ist: Wir wollen WLAN so ausbauen, dass man sowohl im Bahnhof als auch in den Zügen einen durchgängi­gen Internetzu­gang hat.“

Über eine mögliche Fahrpreise­rhöhung im Dezember sei noch nicht entschiede­n. „Darüber werden wir uns nach der Sommerpaus­e unterhalte­n“, sagte Lutz. Eine Entscheidu­ng sei frühestens im September zu erwarten. Die Bahn hatte Ende 2014 und Ende 2015 auf Preisanheb­ungen im Fernverkeh­r verzichtet. „Zuletzt wurde unser Preis-Leistungs-Verhältnis von den Kunden so positiv wahrgenomm­en wie lange nicht mehr“, berichtete der Bahnchef aus den regelmäßig­en Fahrgastbe­fragungen.

„Kostenlose­s WLAN ist für unsere Kunden sehr wichtig. Das haben wir verstanden.“

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FOTO: DPA Bahn-Vorstandsc­hef Richard Lutz (rechts) macht während einer Testfahrt mit dem ICE-Sprinter ein Selfie. Während Lutz bei Internet in Fernzügen aufs Tempo drückt, müssen sich die Kunden im Nahverkehr noch gedulden.

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