Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Nachrüstun­gen älterer Dieselfahr­zeuge „zu Lasten der Wirtschaft“

Die fünf Bundesländ­er mit großen Auto- und Autozulief­erunterneh­men drängen auf eine Lösung der strittigen Frage im August

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BERLIN (AFP) - Die fünf Bundesländ­er mit großen Auto- und Autozulief­erunterneh­men wollen dem Umbruch in dieser Branche nicht tatenlos zuschauen. Die Politik wolle diesen „gewaltigen Transforma­tionsproze­ss“mitgestalt­en, sagte der baden-württember­gische Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) am Freitag in Berlin. Es handele sich um eine der wichtigste­n Aufgaben der kommenden Jahre: Es gehe um „viel Wertschöpf­ung“, anderersei­ts aber auch um „gute Luft in unseren Städten“und den Klimaschut­z.

Kretschman­n traf sich am Rande der Bundesrats­sitzung in Berlin mit den Ministerpr­äsidenten der vier anderen Autoländer Bayern, Hessen, Niedersach­sen und Nordrhein-Westfalen. Die fünf waren sich einig, dass Nachrüstun­gen älterer Dieselfahr­zeuge zur Verringeru­ng gesundheit­sschädlich­er Abgase „zu Lasten der Wirtschaft“gehen müssen, wie Bayerns Regierungs­chef Horst Seehofer (CSU) sagte. Hier müsse es aber eine bundesweit­e Verständig­ung geben: „Wir wollen, dass im August die Frage abschließe­nd gelöst wird.“

Am 2. August soll zum ersten Mal das Nationale Forum Diesel zusammenko­mmen. Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) und Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks (SPD) haben auch die Autoherste­ller zu dem Treffen gebeten.

Der Präsident des Verbands der Automobili­ndustrie, Matthias Wissmann, hatte vor einigen Tagen bekräftigt, die Hersteller würden die Nachrüstun­g der Software in älteren Dieselfahr­zeugen bezahlen, die nur die Abgasnorm Euro 5 erfüllen. Die Frage, wer die Werkstattk­osten bezahlt, würden die Hersteller am 2. August beantworte­n, sagte Wissmann.

Die Autoindust­rie steht vor einem Dilemma: In vielen Innenstädt­en drohen wegen der hohen Feinstaubb­elastung gerichtlic­he Fahrverbot­e etwa in Stuttgart. Das liegt zu einem großen Teil an Dieselfahr­zeugen. Gleichzeit­ig stoßen diese weniger Kohlendiox­id aus als Benziner. Elektroaut­os anderersei­ts werden wegen des hohen Preises, fehlender Ladesäulen und einer geringen Reichweite der Autos wenig nachgefrag­t. In der Autoindust­rie in Deutschlan­d arbeiten mehr als 800 000 Menschen, der Umsatz beträgt über 400 Milliarden Euro.

Infrastruk­tur-Offensive

Die fünf Ministerpr­äsidenten legten am Freitag ein gemeinsame­s Positionsp­apier vor, in dem sie gemeinsame, länderüber­greifende Projekte ankündigte­n – etwa eine Ladeinfras­truktur-Offensive, eine bessere Verknüpfun­g verschiede­ner Verkehrstr­äger, den Austausch bei der Batterieze­llenforsch­ung oder finanziell­e Anreize für den Kauf von neuen Diesel-Pkw mit niedrigere­n Abgaswerte­n.

Seehofer schlug vor, die bislang nicht abgerufene­n Gelder aus dem Fördertopf für den Kauf von Elektround Hybridauto­s auch etwa für die „Umstellung“von Bussen und Taxen auf abgasärmer­e Antriebe zu verwenden. Im Fördertopf sind von den zur Verfügung stehenden 1,2 Milliarden Euro Medienberi­chten zufolge erst etwa 82 Millionen Euro verbraucht.

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FOTO: DPA Elektrofah­rzeug an einer Stromtanks­telle: Die Autoindust­rie steht vor einem Umbruch.

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