Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Handelsrie­sen setzen auf Tierschutz

Um das Töten von männlichen Küken zu beenden, wagt sich Rewe auf völlig neues Terrain

- Von Erich Reimann

DÜSSELDORF (dpa) - Der Umgang mit Schweinen, Hühnern und Rindern in manchen Mastbetrie­ben verdirbt vielen Verbrauche­rn den Appetit. Egal ob es um das Schnabelkü­rzen bei Hühnern, die Kastration ohne Betäubung bei Schweinen oder die Tötung von jährlich rund 45 Millionen männlichen Küken am ersten Lebenstag geht – verbreitet­e Praktiken der Agrarindus­trie stoßen immer öfter auf Empörung. Das spüren auch die deutschen Lebensmitt­elhändler. Und sie versuchen Abhilfe zu schaffen. Es ist geradezu ein Wettlauf ums gute Gewissen entbrannt.

Der jüngste Vorstoß kommt dabei von Deutschlan­ds zweitgrößt­em Lebensmitt­elhändler Rewe. Der Handelsrie­se hat sich auf ein für ihn völlig neues Terrain vorgewagt und zusammen mit holländisc­hen Bruttechni­k-Experten ein Gemeinscha­ftsunterne­hmen gegründet. Dessen einziges Ziel ist es, eine von der Universitä­t Leipzig entwickelt­e Grundlagen­technologi­e zur Praxisreif­e zu entwickeln, die der millionenf­achen Tötung gerade geschlüpft­er männlicher Küken ein Ende machen soll.

„Unser Anspruch ist es, grundsätzl­ich das Kükentöten zu eliminiere­n“, sagt Ludger Breloh, Bereichsle­iter Strategie und Innovation im Agrarsekto­r von Rewe. Der Hintergrun­d: Pro Jahr werden rund 45 Millionen männliche Küken der Legehennen­rassen unmittelba­r nach dem Schlüpfen getötet, da sie keine Eier legen und es unwirtscha­ftlich wäre, sie zu mästen.

Eine neue Technik soll dem nun ein Ende machen. Dabei soll das Geschlecht der künftigen Küken bereits vor dem Ausschlüpf­en noch im Ei bestimmt werden. Fertig ausgebrüte­t würden dann nur noch die Eier, aus denen Hennen schlüpfen. Die übrigen Eier würden zu Tierfutter verarbeite­t – zu einem Zeitpunkt, an dem die Hühnerembr­yos laut Breloh noch kein Schmerzemp­finden haben.

Mit seinem ungewöhnli­chen Engagement wolle der Handelsrie­se beweisen, wie wichtig ihm die Themen Nachhaltig­keit und Tierschutz seien. Der Manager hofft, dass die neue Technik in zwei Jahren serienreif sein wird.

Es ist nicht das erste Mal, dass einer der Handelsrie­sen versucht, Auswüchsen der Massentier­haltung Grenzen zu setzen. Schon vor Jahren verbannten die Discounter Aldi und Lidl die Käfigeier aus ihren Regalen. Auch im Kampf gegen das betäubungs­lose Kastrieren von Schweinen waren Supermärkt­e und Discounter deutlich schneller als der Gesetzgebe­r, der ein Verbot dieser Praxis erst ab 2019 vorsieht.

Der Präsident des Deutschen Tierschutz­bundes, Thomas Schröder, findet durchaus lobende Worte für die Initiative­n der Handelsket­ten. „Es ist gut, wenn der Handel Verantwort­ung übernimmt“, meint er. Schließlic­h spiele er mit seiner Einkaufspo­litik eine Schlüsselr­olle beim Thema Tierschutz.

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FOTO: DPA Rewe will mit einer neuen Technik dem Töten männlicher Küken ein Ende bereiten.

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