Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Frischer Wind im Presseamt des Vatikans
Salopp und ironisch: Ein neues Team unter dem US-Amerikaner Greg Burke sorgt für Veränderungen
ROM (KNA) - Zur katholischen Kirche gehören 1,2 Milliarden Menschen, rund 3000 Bistümer. Doch für die Kommunikation der Zentrale mit dem Rest der Welt ist gerade mal eine Handvoll Leute zuständig.
Junge Gesichter vor altehrwürdiger Fassade: Es wirkte wie eine Frischzellenkur, als im vergangenen Sommer die Leitung des vatikanischen Presseamtes auf den USAmerikaner Greg Burke und seine spanische Stellvertreterin Paloma Garcia Ovejero überging. Inzwischen hat das Team einige nicht ganz alltägliche Situationen zu bestehen gehabt. Aufmüpfige Kardinäle im Nachgang zum Papstschreiben „Amoris laetitia“etwa, den Besuch von US-Präsident Donald Trump oder ein Krisentreffen mit der Spitze der Venezolanischen Bischofskonferenz.
Die Bilanz des ersten Jahres: Es wird lockerer. Burke, ein juveniler 57-Jähriger aus Saint Louis, hat Hemdsärmeligkeit ins Presseamt gebracht. Zu Briefings erscheint er ohne Jackett und spricht mit den Medienvertretern auf Augenhöhe statt vom Podium herab. Häufiger bietet man jetzt auch Interviews mit Kurialen oder Vatikangästen an. Burke und seine 41-jährige Kollegin Garcia waren lange genug selbst Journalisten, um zu wissen, was Korrespondenten brauchen.
Um die Tragweite der Neuerungen ermessen zu können, muss man sich die kurze Geschichte des päpstlichen Presseamtes vor Augen halten: Als eigene Einrichtung wurde es 1966 ins Leben gerufen, angesichts des Medieninteresses während des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965). Als erste Direktoren wirkten ein Priester und Bischof, ein Literaturwissenschaftler, dann ein Vatikandiplomat, der nach acht Jahren im „Pressesaal des Heiligen Stuhls“auf Botschafterposten in Westafrika und im Iran wechselte.
1984 begann die Ära von Joaquin Navarro-Valls, Arzt, Journalist und Opus-Dei-Mann. Er war die Stimme von Johannes Paul II. (1978-2005) und mehr noch: ein Spin-Doctor; einer, der das Bild des Papstes in der Öffentlichkeit gezielt formen wollte. Nach ihm kam Federico Lombardi: knorrige Jesuiteneiche, nüchtern, unbestechlich, fair. Er verstand, dass man Journalisten die wundersame Welt des Vatikan erst mal erklären muss.
Altgediente Korrespondentinnen erinnern sich, ihre ersten Interviews im Vatikan im langen dezenten Rock, mit gehörigem Sicherheitsabstand und einem klerikalen Aufpasser geführt zu haben. Vor diesem Hintergrund wirken eine sommerlich-elegante Vizesprecherin oder ein Presseamtsleiter, der im Radlerdress sein Mountainbike aus dem Büro trägt, wie Gestalten der Apokalypse.
Der Ton ist salopper geworden. Burke, auch Mitglied des Opus Dei, kann schnippisch und ironisch sein. Wenn man ihn im Scherz fragt, ob der Vatikan endlich das (bestenfalls von Verschwörungstheoretikern für existent gehaltene) „Vierte Geheimnis von Fatima“veröffentlicht, kann Burke mit bierernster Mine antworten: „Ich hab’s dem Kollegen von Reuters gegeben. Ist aber noch unter Sperrfrist.“Bis jetzt sind solche Frozzeleien gutgegangen.