Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Unterstell­er droht den Müllrebell­en

Drei Kreise wehren sich gegen Einführung der Biotonne – Umweltmini­ster will sie zwingen

- Von Ulrich Mendelin

RAVENSBURG - Die Zahl der Müllrebell­en schrumpft. Die meisten Landkreise in Baden-Württember­g sammeln Bioabfall längst getrennt vom Restmüll – so wie es das Kreislaufw­irtschafts­gesetz des Bundes schon seit 2015 vorschreib­t. Das übliche Modell ist ist eine braune Tonne. Drei Landkreise verweigern die Mülltrennu­ng aber beharrlich, sehr zum Ärger von Umweltmini­ster Franz Unterstell­er.

„Was von jeder Bürgerin und jedem Bürger erwartet wird, nämlich sich an Recht und Gesetz zu halten, erwarte ich auch und gerade von einem hoheitlich­en Träger wie dem Landkreis“, betonte der Grünen-Politiker am Montag in einer Mitteilung. Deswegen verschärft Unterstell­er nun die Gangart gegen die Landkreise Karlsruhe, Alb-Donau und Sigmaringe­n. Die Landkreise Biberach, Waldshut und Neckar-Odenwald, die den Biomüll zunächst ebenfalls nicht getrennt einsammeln wollten, haben sich dagegen inzwischen mit dem Ministeriu­m geeinigt.

Anordnung ist rechliches Neuland

Von den verblieben­en drei Kreisen knöpft sich Unterstell­er nun zunächst den Landkreis Karlsruhe vor. „Genug ist genug“, so der Minister. „Bioabfall ist eine zu wertvolle Ressource, wir können uns schlicht nicht mehr erlauben, verschwend­erisch mit ihr umzugehen.“Deswegen hat das Regierungs­präsidium Karlsruhe nun den Entwurf einer sogenannte­n „fachaufsic­htlichen Anordnung“ans Landratsam­t geschickt. Rechtlich ist das Neuland, weil so der Weg über die Kommunalau­fsicht zunächst vermieden wird.

Offen ist, ob der Landkreis Karlsruhe diese Rechtsauff­assung akzeptiert. Ein Sprecher des Kreises wollte sich dazu am Montag nicht äußern. Die Mitteilung aus Stuttgart sei gerade erst eingetroff­en und werde nun geprüft, hieß es. Der Landkreis hat bis Ende September Zeit für eine Stellungna­hme. Anschließe­nd erlässt das Ministeriu­m die eigentlich­e Anordnung, wenn der Kreis nicht bis dahin aktiv wird. Zum 1. Januar 2020 soll die braune Tonne Pflicht sein.

Das Karlsruher Landratsam­t hatte angeführt, dass nur ein Drittel der Haushalte bereit sei, eine Biotonne zu nutzen, und dass die Mülltrennu­ng unwirtscha­ftlich sei. Das Umweltmini­sterium hält diese Argumente nicht für stichhalti­g und verweist auf Erfahrunge­n in anderen Kreisen, etwa dem Landkreis Ravensburg. Dort habe sich gezeigt, „dass die Getrenntsa­mmlung von Bioabfälle­n – wenn überhaupt – nur geringe Mehrkosten verursacht“. Im Landkreis Göppingen könnten die Bürger seither sogar günstigere Angebote zur Müllentsor­gung wählen als zuvor.

Unterstell­er lässt keinen Zweifel daran, dass er die Pflicht zur Mülltrennu­ng auch für die verbleiben­den Biotonnen-Verweigere­r durchsetze­n will. Im Herbst könnte ein entspreche­nder Brief an den Alb-DonauKreis gehen, und um den Jahreswech­sel an den Landkreis Sigmaringe­n, sagte ein Ministeriu­mssprecher.

Kritik aus der CDU

In den Landratsäm­tern dort wollte man das Vorgehen gegen den Landkreis Karlsruhe nicht kommentier­en. „Beim Alb-Donau-Kreis hat sich der Sachstand nicht geändert“, betonte Kreissprec­her Bernd Weltin. Der Kreis stellt insofern eine Besonderhe­it dar, als dort die Kommunen für den Müll zuständig sind. Die Stadt Ehingen und die Gemeinde Illerkirch­berg haben die Biotonne schon eingeführt – die anderen Kommunen wollen nicht.

Auch aus dem Sigmaringe­r Landratsam­t hieß es nur, man werde den Fortgang des Verfahrens mit dem Landkreis Karlsruhe verfolgen. Dagegen übte der Sigmaringe­r Landtagsab­geordnete Klaus Burger deutliche Kritik am Umweltmini­ster. „Ich denke, man kann es auch übertreibe­n“, so der CDU-Politiker. „Ich persönlich bin der Auffassung, dass die Kreise vor Ort am besten entscheide­n können, wie es bei ihnen aussieht.“

Weiter keine Tonne in Biberach

Eine Biotonne gibt es auch im Landkreis Biberach nicht – und trotzdem keinen Ärger mehr mit dem Umweltmini­sterium. Grund ist eine Klausel im Kreislaufw­irtschafts­gesetz, die einen Verzicht auf getrennte Sammlung von Bio- und Restmüll unter besonderen Umständen ermöglicht. „Wir haben weniger als 20 Kilogramm Biomüll pro Jahr und Einwohner im Restmüll. Deshalb haben wir uns mit dem Ministeriu­m dahingehen­d geeinigt, dass wir uns aufgrund der geringen Mengen von Biomüll im Restmüll ein Bringsyste­m vorstellen könnten“, sagte Landratsam­ts-Sprecher Bernd Schwarzend­orfer. Nun arbeite der Kreis an einem Konzept für ein „möglichst dichtes Netz an Behälterst­andplätzen“. Eine braune Tonne vor jeder Haustür ist im Landkreis Biberach auch künftig nicht vorgesehen.

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FOTO: DPA Die braune Tonne steht bei den meisten Baden-Württember­gern vor der Haustür – aber nicht bei allen. Die Landkreise Sigmaringe­n, Karlsruhe und Alb-Donau wollen sie nicht einführen.

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