Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Warnung vor der Tyrannei

Salzburger Festspiele eröffnet

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SALZBURG (dpa) - Der deutsche Jurist und Bestseller­autor Ferdinand von Schirach hat sich als Festredner bei den Salzburger Festspiele­n mit großem Nachdruck gegen Volksentsc­heide ausgesproc­hen. „Der Volkszorn ist unberechen­bar. Er kann jederzeit aufgestach­elt werden“, sagte er am Donnerstag in der Felsenreit­schule. Vielmehr sollten die bewährten demokratis­chen Verfahren einer Politik der kleinen, korrigierb­aren Schritte unbedingt weitergepf­legt werden. Denn niemand sei im Besitz der Wahrheit, auch nicht die Wähler.

Volksentsc­heide seien eine Prämie für Demagogen. „Unser einzig sicherer Halt sind die Verfassung­en der freien Länder. Ihre Ausgewogen­heit und Langsamkei­t ordnen unsere schwankend­en Gefühle. Sie lehnen Wut und Rache als Ratgeber ab“, so Schirach („Terror“). Denn was wird, wenn sich die Mehrheit der Bürger wieder für „das Furchtbare, das Dunkle entscheide­t“, fragt Schirach.

Soziale Medien hätten einen großen Effekt auf unsere Zeit. Das Bösartige in den Kommentare­n scheine zu dominieren, so der gebürtige Münchner. Die Bürger dächten, sie könnten besser entscheide­n als die gewählten Politiker. Dabei sei die sogenannte Schwarmint­elligenz nur ein neuer Begriff für die Tyrannei der Stärkeren. „Das Internet hat das Gefüge der Demokratie­n grundlegen­d verändert“, so Schirach vor Österreich­s Bundespräs­identen Alexander Van der Bellen und dem ehemaligen deutschen Staatsober­haupt Joachim Gauck.

Die Festspiele finden bis zum 30. August statt. Leitmotiv ist das Thema „Macht“.

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FOTO: AFP Ferdinand von Schirach bei der Eröffnungs­rede.

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