Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Wieder beim Besitzer

105 Jahre nach seinem Fund kommt Spaniens berühmtest­er Meteorit wieder zur Familie des Finders

- Von Ana Lázaro Verde

MADRID (dpa) - Nach acht Jahrzehnte­n in einer Museumsvit­rine in Madrid ist der Meteorit von Colomera in Privatbesi­tz gewechselt. Spaniens bekanntest­es Stück kosmischen Gesteins lieferte früher der Nasa Erkenntnis­se für die Mondmissio­nen. Jetzt weiß nur noch die Enkeltocht­er des Mannes, der den Meteoriten vor mehr als hundert Jahren in einem Gemüsebeet fand, wo er ist.

Ein Richter hatte Amparo Pontes schon vor zwei Jahren den Meteoriten zugesproch­en, und dazu eine Entschädig­ung von 50 000 Euro, wie erst jetzt bekannt wurde. Ihr Großvater, Antonio Pontes, war im Jahr 1912 beim Graben in seinem Garten im kleinen Ort Colomera in Granada auf das außerirdis­che Objekt gestoßen. 22 Jahre später überließ er es dem Nationalen Museum für Naturwisse­nschaften (MNCN) in der spanischen Hauptstadt – in Form einer Art Pfandleihg­abe. Laut Vertrag durfte Pontes den Meteoriten jederzeit zurücknehm­en. Das hat seine Enkelin nun getan.

134 Kilo schwer

„Er ist der erste, der in Spanien gefunden wurde, und wegen seiner Größe auch der wichtigste“, erklärt der MNCN-Direktor Santiago Merino im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur zur Bedeutung des 134 Kilogramm schweren und einen halben Meter großen Meteoriten.

Der Brocken aus dem All war jahrzehnte­lang in Madrid untersucht worden, bis ein spanischer Wissenscha­ftler ihn 1968 an die University of California brachte. Damals, in den Monaten vor der Mondlandun­g von Neil Armstrong, analysiert­e die USWeltraum­behörde Nasa den Meteoriten. Dafür brachen die Wissenscha­ftler ein Stück ab, sodass er bei seiner Rückkehr nach Spanien nur noch 104 Kilo wog.

„Das alles hat es ermöglicht, den Ursprung und die Zusammense­tzung des Meteoriten festzustel­len“, sagt Merino. Das Fehlen des Fragments habe den Richter aber bewogen, auf Schadeners­atz zu entscheide­n.

Die Familie hatte erst im Jahr 2008 begonnen, sich für den Meteoriten zu interessie­ren. Damals war er für eine Ausstellun­g zurück nach Colomera gebracht worden – zusammen mit dem Dokument über seine Übertragun­g an das Museum. Die Menschen in der Gegend, in der der Meteorit gefunden wurde, sollten ihn sich auch einmal ansehen können.

Das machten im Museum MNCN bis vor Kurzem jedes Jahr Tausende Schüler mit Magneten in den Händen. Der metallene Brocken stammt zwar aus dem Weltall – wahrschein­lich von einem Asteroiden – ist in seiner Zusammense­tzung dem Mittelpunk­t der Erde aber sehr ähnlich.

Unglück für die Wissenscha­ft

„Wir können den Erdkern nicht sehen, wohl aber den Eisen-NickelKern eines ähnlichen Himmelskör­pers, der uns zugeflogen kam“, sagt der Geologe Javier García Guinea vom staatliche­n Forschungs­institut CSIC. Für die wissenscha­ftliche Gemeinscha­ft des südeuropäi­schen Landes sei der Verlust des Meteoriten von Colomera ein großes Unglück. „Man stelle sich vor, das Gemälde „Las Meninas“(des spanischen Malers Diego Velázquez aus dem Jahr 1656) tauchte in einem Kaufhaus auf“, so Guinea.

Es sei ein Problem, sagt Merino, dass der Umgang mit solchen Gesteinen in Spanien nicht gesetzlich geregelt sei. „Was ist ein Meteorit? Es ist kein Fossil, kein archäologi­scher Gegenstand. Es ist ein natürliche­s Objekt, das aus dem All gefallen ist und einen wissenscha­ftlichen Wert hat“, sagt er. Die Familie des Finders äußerte sich bislang nicht öffentlich.

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FOTO: DPA Museumsdir­ektor Santiago Merino verabschie­det sich: Nach acht Jahrzehnte­n wechselte der Meteorit von Colomera in Privatbesi­tz.

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