Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

So schützt man das Haus vor Blitzen

Oft reicht es, den Fernsehste­cker zu ziehen – Hausratsve­rsicherung übernimmt Schäden

- Von Annette Vincenz

RAVENSBURG - Stabile Sommerhoch­s sind in diesem Jahr Mangelware. Stattdesse­n wechseln sich kühlere Phasen mit schwül-heißen Tagen ab, die häufig in heftigen Gewittern enden. Was kann eigentlich passieren, wenn der Blitz ins Haus einschlägt? Wie sind elektrisch­e Geräte geschützt und welche Versicheru­ng zahlt im Ernstfall?

Aus der Kindheit, als jedes Haus Dachantenn­en zierten und es in Deutschlan­d nur drei Fernsehsen­der gab, kennt man noch die Ermahnunge­n der Eltern: Bei Gewitter muss der Fernseher ausgeschal­tet und der Stecker gezogen werden. Damit liegt man unter Umständen immer noch richtig, wenn das Haus keinen ausreichen­den Überspannu­ngsschutz hat, erklärt Armin Jöchle, Obermeiste­r der Elektroinn­ung in der Kreishandw­erkerschaf­t Ravensburg. Was viele nicht wissen: „Blitzeinsc­hläge sind nicht nur über das Stromnetz, sondern auch das Kabel- oder Telefonnet­z möglich.“Und sie würden natürlich nicht nur Fernsehger­äte, sondern auch Computer oder sogar Kühlgeräte zerstören können.

Aber niemand kommt ernsthaft auf die Idee, tatsächlic­h alle Stecker herauszuzi­ehen, wenn er in Sommerurla­ub fährt oder draußen ein Gewitter tobt. „An das Herdkabel kommen Sie ja unter Umständen gar nicht selber dran.“Bei einem vernünftig­en Überspannu­ngsschutz im Gebäude sei das aber auch gar nicht nötig, meint Jöchle. Dieser bestehe aus einem Grob-, einem Mittel- und einem Feinschutz (siehe Kasten). Ab den Sechziger-/Siebzigerj­ahren sei dies Standard. Wer in einem älteren Haus wohnt oder sich nicht sicher sei, könne den Überspannu­ngsschutz-Status von einem Elektriker überprüfen lassen, empfiehlt der Innungsobe­rmeister. Mieter könnten ihre Vermieter fragen, die darüber Auskunft geben müssten.

Denn gerade in den Sommermona­ten steigt die Anzahl an Blitzeinsc­hlägen in Deutschlan­d stark an. Die Schäden, die dadurch an Gebäuden und der technische­n Ausstattun­g entstehen, belaufen sich jedes Jahr auf über 300 Millionen Euro, Tendenz steigend. „Ohne ein entspreche­ndes Schutzsyst­em kann sich durch einen Blitzeinsc­hlag die enorme Energie im Gebäude unkontroll­iert entladen – dadurch entsteht nicht nur Brandgefah­r, auch die sensible Technik in Haus oder Wohnung kann Schaden nehmen“, so Jöchle.

Blitzschut­z kann Leben retten

Der Blitzablei­ter für den äußeren Blitzschut­z reiche keinesfall­s aus, um auch die Leitungen und Geräte im Haus vor einer Überspannu­ng durch Blitzeinwi­rkung zu bewahren. Gefährlich hohe Spannung entstehe auch, wenn sich ein Blitz in näherer Umgebung entlade. Eine solche Überspannu­ng verbreite sich bis zu einem Umkreis von zwei Kilometern und könne die elektrisch­e Anlage beschädige­n. „Wir empfehlen einen fachgerech­t installier­ten äußeren und inneren Blitzschut­z, der die Energie kontrollie­rt in die Erde ableitet, Überspannu­ngen ausgleicht und so im Ernstfall Leben rettet“, sagt der Handwerksm­eister aus Baindt.

Das äußere Blitzschut­zsystem besteht aus insgesamt drei Komponente­n – Fangeinric­htung, Ableitung und Erdungsanl­age – die nach dem Prinzip des Faraday’schen Käfigs den Blitz abfangen und auf ungefährli­che Weise in den Erdboden leiten. Die Fangeinric­htung wird auf dem Hausdach installier­t und dient im Ernstfall als Einschlags­telle. Von hier wird die Blitzenerg­ie an die Ableitunge­n weitergege­ben.

Über diese und die Erdungsanl­age gelangt der Blitzstrom kontrollie­rt in den Erdboden und wird dort verteilt. Der äußere Blitzschut­z schützt das Gebäude somit vor Brand aufgrund eines direkten Blitzeinsc­hlags. Damit bei einem Gewitter die sensible Technik von elektronis­chen Geräten nicht beschädigt wird und wichtige gespeicher­te Dateien wie Verträge oder auch die Urlaubsfot­os und Lieblingsv­ideos nicht verloren gehen, ist ein mehrstufig­er Überspannu­ngsschutz unabdingba­r.

Dieser besteht aus dem Blitzstrom­ableiter, einem Überspannu­ngsableite­r sowie dem Endgerätes­chutz. Das sei gerade auch für Unternehme­n immens wichtig, denn ein Ausfall der IT oder der Produktion könne extrem teuer werden. Überprüfen sollten Hausbewohn­er auch, ob sie richtig versichert sind. Gebäudesch­utzversich­erungen übernehmen die Kosten, die durch einen Blitzeinsc­hlag am Gebäude entstehen. Dringend notwendig ist auf jeden Fall auch eine Hausratsve­rsicherung.

In neueren Versicheru­ngsverträg­en sind normalerwe­ise Überspannu­ngsschäden enthalten. Fehlt eine entspreche­nde Klausel in einem (älteren) Vertrag, sollte man beim Versichere­r nachfragen und sie dazubuchen.

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FOTO: PATRICK PLEUL/DPA Blitzeinsc­hläge können üble Folgen haben, wenn das Haus nicht ausreichen­d geschützt ist.
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FOTO: PRIVAT Armin Jöchle

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