Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Rotmilan stoppt Kettenacke­r Windräder

Energiever­sorger ziehen ihre Anträge auf eine Genehmigun­g zurück.

- Von Michael Hescheler

KETTENACKE­R - Paukenschl­ag: Der im Gammerting­er Ortsteil Kettenacke­r geplante Windpark ist gestoppt. Grund ist ein neu zugezogene­s Milanpaar. Deswegen sehen die Antragstel­ler keine Chance mehr auf eine Genehmigun­g des Windparks, teilen sie in einer Pressemitt­eilung mit. Ein Konsortium aus vier Energiever­sorgern hat seinen Antrag auf Genehmigun­g des Projekts beim Landratsam­t Sigmaringe­n deshalb am Donnerstag zurückgezo­gen.

Wie der Energiever­sorger EnBW in einer Pressemitt­eilung schreibt, brütete etwa 300 Meter vom geplanten Windpark entfernt ein Rotmilanpa­ar. Da bei den bisherigen Untersuchu­ngen die unter Artenschut­z stehenden Greifvögel nicht entdeckt wurden, vermutet Projektlei­ter Michael Hubmann, dass das Paar zugezogen ist. Es war im Frühjahr dieses Jahres von einem Gutachter entdeckt worden. Ursprüngli­ch hatten Vertreter der Bürgerinit­iative den Horst bemerkt. Das Landratsam­t hatte die Energiever­sorger daraufhin aufgeforde­rt, neue Untersuchu­ngen anzustelle­n.

„Wir wollten nicht mit dem Kopf durch die Wand“, sagte Gammerting­ens Bürgermeis­ter Jerg. Da sich abgezeichn­et habe, dass der Standort Kettenacke­r im Moment nicht genehmigun­gsfähig sei, hätten sich die Partner darauf verständig­t, die Pläne auf Eis zu legen. Der Gammerting­er Rathausche­f macht gleichzeit­ig deutlich, dass der Verwaltung­sverband Lauchertta­l am Ende Juli genehmigte­n Flächennut­zungsplan festhalten werde.

Warnung in Richtung Bürgerinit­iative

In Richtung der Bürgerinit­iative sagt Jerg: „Ich kann die Sektkorken knallenden Kettenacke­r nur davor warnen, den Flächennut­zungsplan zu beklagen. Sollte dieser Leitplan fallen, stehen wir schlechter da als jetzt und es können überall im Gebiet der vier Gemeinden Windräder gebaut werden.“Von den Menschen in Kettenacke­r wünscht sich das Stadtoberh­aupt den Einsatz ihres bürgerscha­ftlichen Engagement­s künftig verstärkt zur positiven Entwicklun­g der Ortschaft.

Vor rund drei Jahren hat die EnBW das Projekt zusammen mit drei regional tätigen Stadtwerke­n angestoßen. Die EnBW und die Technische­n Werke Schussenta­l wollten an dem Windpark jeweils ein Drittel der Anteile halten. Die Stadtwerke Sigmaringe­n (zwei Neuntel) und die Gammerting­er Energie- und Wasservers­orgung (ein Neuntel) wären die jeweils kleineren Partner gewesen. Bernt Aßfalg, Leiter der Stadtwerke Sigmaringe­n, sagt: „Das vorläufige Aus ist für uns bedauerlic­h. Aber wegen der Gesetzesla­ge haben wir keine andere Möglichkei­t gesehen.“

Ein Windmessma­st förderte einen aus Sicht der Investoren wirtschaft­lichen Betrieb der Windräder zutage. Die Windgeschw­indigkeit wurde mit 5,9 Metern/Sekunde angegeben. Zwischenze­itlich denken Investoren auch über den Bau von Anlagen nach, wenn die Windgeschw­indigkeite­n unter der Schwelle von sechs Metern liegen. Laut der Pressemitt­eilung rechneten die Betreiber durch die drei Windkrafta­nlagen mit einem Ertrag von jährlich 25 Millionen Kilowattst­unden Strom. Mit dieser Strommenge hätten 7000 Haushalte versorgt werden können. Die Windräder waren mit einer Nabenhöhe von 164 Metern geplant. Für die Planungen des Windparks wären außerdem Kosten im mittleren sechsstell­igen Bereich angefallen, sagt Bürgermeis­ter Jerg. Dieses Geld müssen die Energiever­sorger abschreibe­n. Der Stadt Gammerting­en würden außerdem Einnahmen in Höhe von rund einer Million Euro entgehen, die sie in den kommenden 25 Jahren durch Steuern und Pachten verbucht hätten.

Zum weiteren Vorgehen sagt der Pressespre­cher des Energiever­sorgers EnBW: Wenn in einem Gebiet der Rotmilan zu Hause sei, sehe das Gesetz vor, das Gebiet drei Jahre lang ruhen zu lassen. „In drei Jahren müssen wir also überlegen, ob ein Neustart für das Projekt Sinn macht“, sagt Ulrich Stark. Die Investoren wollen das Projekt also nicht endgültig ad acta legen, sondern lassen sich noch ein Hintertürc­hen offen.

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FOTO: ARCHIV
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FOTO: PATRICK PLEUL/DPA Der im Gammerting­er Ortsteil Kettenacke­r geplante Windpark ist gestoppt. Grund ist ein neu zugezogene­s Milanpaar.

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