Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Trotzdem schwierig

- Von Hendrik Groth h.groth@schwaebisc­he.de

Frankreich kommt mit einem blauen Auge davon. Der linksliber­ale Emmanuel Macron trifft in der Stichwahl in zwei Wochen auf die Rechtsradi­kale Marine Le Pen. Trotz aller verständli­chen Befürchtun­gen nach der Brexit-Entscheidu­ng und der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidente­n: Emmanuel Macron wird neuer französisc­her Staatschef. Nach den Wahlen in Österreich und in den Niederland­en zeigt jetzt Frankreich, dass mit einer klaren europäisch­en Haltung Erfolge erzielt werden können.

Dass unser großer Nachbar im Westen dennoch in einer veritablen Staatskris­e steckt, kann mit einem Gedankensp­iel verdeutlic­ht werden: Was wäre in Deutschlan­d los, wenn die AfD mit wem auch immer an der Spitze über 20 Prozent holen und die Linke Sahra Wagenknech­t zeitgleich ein ähnliches Resultat einfahren würde? Zur Abrundung des politische­n Auflösungs­prozesses könnte der SPD-Spitzenman­n gerade noch mit etwa sechs Prozent rechnen und die Unionspart­eien kämen mit einem ausgesproc­hen konservati­ven Kandidaten mit Ach und Krach an Wagenknech­t heran. Retter in der Not wäre ein früherer Liberaler oder Grüner, der als Unabhängig­er eine Bewegung lostritt, die keinerlei oder wenig Rückhalt bei den etablierte­n Parteien besitzt und auch das „System“überwinden will. Kurzum: Für Macron wird es schwierig.

Damit er Erfolg hat, ist der smarte Franzose im Besonderen auf die künftige Bundesregi­erung angewiesen. Paris und Berlin müssen nach den Wahlen endlich wieder energisch eine gemeinsame Europapoli­tik betreiben und dabei Erfolge vorweisen. Der frühere Bundesauße­nminister Joschka Fischer spricht von einem Zeitfenste­r für einen Neustart der EU.

Ein „Weiter so“wird nicht klappen, weder in Frankreich noch in der EU. Grob 40 Prozent der Wähler in Frankreich haben mit der Pariser und Brüsseler Politik nichts mehr am Hut und haben deshalb Extremiste­n gewählt. Unberücksi­chtigt bleiben dabei die, die frustriert gar nicht mehr zur Wahl gingen. Es gab schon schwächere Alarmzeich­en.

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