Schwäbische Zeitung (Tettnang)
USA lassen Schäuble abblitzen
Auch Frankreich und IWF-Chefin Lagarde kritisieren deutsche Exportüberschüsse
(dpa) - Zunächst sieht es bei der IWF-Frühjahrstagung in Washington ein wenig nach Versöhnung aus. Bundesfinanzminister Schäuble spricht von einer „unkonfrontativen Lösung“, die in Sicht sei. Doch dann macht sein USKollege deutlich: Freier Welthandel ist dann gut, wenn er für die USA gut ist. Die USA haben bei der IWFFrühjahrstagung alle Versöhnungsversuche gekontert und bleiben in ihrer Kritik am offenen Welthandel hart. Entgegen allen Erwartungen aus Deutschland rückte US-Finanzminister Steven Mnuchin in einem Statement zum Abschluss des Treffens der weltweiten Finanzelite nicht von seiner Haltung ab. Es war das erste Treffen des Weltwährungsfonds, seit Donald Trump zum neuen US-Präsidenten gewählt wurde.
„Gemeinsam mit unseren innenpolitischen Reformen werden wir eine Ausweitung des Handels mit den Partnern fördern, die sich zu marktwirtschaftlichem Wettbewerb bekennen“, teilte Mnuchin in einem Statement an das Steuerungskomitee des IWF mit. „Gleichzeitig werden wir uns noch rigoroser gegen unfaire Handelspraktiken verteidigen“, heißt es darin weiter.
Wenig versöhnliche Botschaften
Doch Mnuchin sandte auch in Richtung Deutschland wenig versöhnliche Botschaften. Er forderte Berlin unmissverständlich auf, die deutschen Exportüberschüsse abzubauen. „Nach unserer Ansicht sind exzessiv hohe Exportüberschüsse, genauso wie Exportdefizite, nicht dienlich, um ein freies und faires Handelssystem zu unterstützen“, heißt es in dem Statement.
„Wir wünschen uns vom IWF, dass er deutlich macht, wo Länder mit Überschüssen stärker zur Korrektur beitragen können, um ein faireres weltweites System anzustreben“, argumentierte Mnuchin. Länder mit großen Exportüberschüssen und gleichzeitig geordneten öffentlichen Haushalten hätten eine besondere Verantwortung, zu einer robusteren Weltwirtschaft beizutragen, indem sie entschlossen Wachstum fördern und helfen, die weltweite Balance wiederherzustellen. Deutschland hatte 2016 einen Rekordüberschuss in seiner Handelsbilanz erwirtschaftet. Der Überhang überschreitet deutlich die Grenzen, die von Experten und von der Europäischen Union als gesund angesehen werden. Deutschland müsse die Mittel reinvestieren und damit für Wachstum sorgen, forderte auch IWF-Chefin Christine Lagarde. Auch aus Frankreich kam Kritik.
Schäuble hatte sich um Schadensbegrenzung bemüht. Er hielt sich mit Vorwürfen protektionistischer Tendenzen in Richtung Washington zurück und zeigte sich optimistisch, dass bis zum G20-Gipfel der Staatsund Regierungschefs im Juli in Hamburg eine einvernehmliche Linie in der Handelspolitik erreicht werden könne.
IWF und Weltbank hatten sich bei ihrer Frühjahrstagung mehrmals zu freiem Handel bekannt und Protektionismus, wie er zuletzt in den USA unter Trump verstärkt diskutiert wird, eine Absage erteilt. „Protektionismus ist schlecht für die betroffenen Länder und er ist schlecht für die Weltwirtschaft“, sagte Schäuble.
Allerdings wurde in der am Samstag veröffentlichten Abschlusserklärung die erwartete Absage an „jede Art von Protektionismus“, wie sie nach der Herbstsitzung im vergangenen Oktober noch enthalten war, nicht aufgenommen. Auch zum Klimaschutz findet sich keine Passage in dem Papier.
Überschüsse in Athen
IWF-Chefin Lagarde bemühte sich, die Wogen zu glätten. Die beschlossene IWF-Politik enthalte zahlreiche Verweise zum Klimaschutz und sei von allen 189 Mitglieder erstmals einstimmig verabschiedet worden, sagte sie am Samstag. Darin enthalten ist auch ein deutliches Bekenntnis zu einer besseren Verteilung von Wohlstand und einer Unterstützung von Entwicklungsländern. Es gehe darum, die Früchte der Globalisierung besser zu verteilen: Innerhalb der einzelnen Länder, unter den Ländern und über Generationen hinweg. Lagarde war vorgeworfen worden, sich zu stark dem Willen der USA zu beugen. Die sind größter IWF-Anteilseigner.
In der Debatte um finanzielle Hilfe für Griechenland gab es in Washington Bewegung, nachdem die griechische Statistikbehörde in Athen einen Primärüberschuss – das ist der Haushaltsüberschuss ohne die Kosten für den Schuldendienst – für das 2016 von 3,9 Prozent ankündigte. „Das ist deutlich über dem, was wir vorhergesagt haben und deutlich über dem, was alle vorhergesagt haben“, sagte IWF-Europachef Poul Thomsen. Für eine Beteiligung des IWF am neuen Rettungspaket für Griechenland müssten aber noch Gespräche geführt werden.