Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Die Bestia Negra vom Bodensee

Häfler bleiben für Berlin unschlagba­r – nur ein Sieg fehlt zur Volleyball-Meistersch­aft

- Von Filippo Cataldo

- Nur noch Vital Heynen kann dafür sorgen, dass die Zuschauer den VfB Friedrichs­hafen in dieser Saison noch einmal in der heimischen ZF-Arena zu sehen bekommen. Glaubt Vital Heynen. „Meine Spieler sind topfit, fokussiert und bereit. Wenn wir noch einmal ein Spiel verlieren, liegt es an mir. Dann habe ich etwas falsch gemacht“, sagte der Trainer der Häfler nach dem fabelhafte­n 3:0 (25:13, 26:24, 25:21) seiner Mannschaft am Sonntag im ersten Finalspiel um die Volleyball­meistersch­aft gegen Berlin.

Am 3. Mai findet in Berlin das zweite, womöglich oder doch eher wohl das letzte Spiel der auf drei Partien verkürzten Finalserie statt. Zwischendu­rch treten die Hauptstädt­er kommendes Wochenende noch in Rom im Final Four der Champions League an. Eine Medaille, egal welche, wäre für die Mannschaft des scheidende­n Trainers Roberto Serniotti ein Prestigeer­folg. National sieht es für den Serienmeis­ter der vergangene­n Jahre eher nach einer Nullrunde aus. Zu sehr haben sich die Häfler für Berlin zur Bestia Negra vom Bodensee entwickelt in dieser Saison. Bereits die fünfte Niederlage kassierten die Berliner am Sonntag im fünften Versuch gegen Friedrichs­hafen.

Tischer lange draußen

Wie viel Respekt die Hauptstädt­er, von der Qualität der Einzelspie­ler eigentlich höher einzuschät­zen als Heynens junge Truppe, mittlerwei­le haben vor den Häflern, zeigte am Sonntag der erste Satz, in dem die Berliner „keinen Ball auf den Boden bekamen“, wie VfB-Kapitän Simon Tischer hinterher sagte. Schnell waren die Häfler 4:0 vorne, die Berliner wussten gar nicht, wie ihnen geschah. Normalerwe­ise sind sie eine Angriffsma­nnschaft, das Team, das so schnell wie möglich die Ballwechse­l mit einem Punkt abschließn will. Heynen mag eigentlich lange Ballwechse­l, Catenaccio-Volleyball nennt er seine abwartende Spielidee. Doch in diesem ersten Satz flogen den Berlinern die Bälle um die Ohren, Hände und Füße. Serniotti nahm nach dem 0:4 schon eine Auszeit. Berlin machte danach zwar den ersten Punkt, doch die Häfler zogen davon. Die Berliner hatten weniger Zeit gehabt zur Vorbereitu­ng, erst Donnerstag­abend hatten sie sich in fünf Sätzen für die Finalserie qualifizie­rt. Aber ihr Problem war nicht die Müdigkeit, ihr Problem war eher der VfB, diese gut geölte, kompromiss­lose Angriffsma­schine vom See – die sogar ohne Kapitän und Zuspieler Simon Tischer auskam. Der stand zunächst völlig überrasche­nd draußen, Heynen hatte stattdesse­n Tomas Kocian in die Stammmanns­chaft beordert. Eine riskante Entscheidu­ng des Trainers? Vielleicht. Aber die Idee ging auf, Kocian spielte im ersten und im zweiten, deutlich engeren und spannender­en Satz, in dem Berlin zwischenze­itlich sogar 20:17 in Führung war, brillant. Genauso wie Tischer im letzten, immer noch spannenden, aber doch klar an Friedrichs­hafen gegangenen Satz. „Berlin war mit Sicherheit nicht auf Tomas vorbereite­t“, sagte Tischer später, „aber so ist das wirklich bei uns: Es ist egal, wer spielt. Und wenn mal der Kapitän draußen ist, dann ist halt mal der Kapitän draußen.“

Heynen wollte nicht erklären, wann ihm die Idee gekommen war, den sportlich wie menschlich unumstritt­enen Tischer an die Seitenlini­e zu beordern. Wahrschein­lich war ihm der Gedanke aber auf der Autobahn gekommen. Zwischen Abschlusst­raining und Finale hatte er ja rund 1400 Kilometer hinter sich bringen müssen. Samstag Mittag war er heim nach Belgien gefahren, zur Firmung seiner jüngsten Tochter Bente, am Sonntag in der Früh um halb fünf Uhr ging es zurück an den See, beim Anschwitze­n war er wieder bei der Mannschaft. „Alle haben mir gesagt, dass ich verrückt sei. Aber die Firmung meiner Tochter konnte ich nicht verpassen. Außerdem geht es mir super“, sagte er. Wer braucht schon Schlaf, wenn er voller Adrenalin ist? „Wir reisen jetzt als Favorit nach Berlin, aber diese Rolle übernehmen wir gerne“, sagte Heynen.

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FOTO: DPA Michal Finger schmettert an zwei Berlinern vorbei zum Punkt für Friedrichs­hafen.

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