Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Das Lernen miteinander lernen
Tettnanger Grüne besuchen Gemeinschaftsschule Manzenberg – Angespannte Raumsituation
(slk) - Beim Besuch der Gemeinschaftsschule Manzenberg haben sich sechs Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen Tettnang über das Konzept und den Alltag in dieser Schulform informiert.
Leiser Austausch zwischen einzelnen Schülern, geschäftige Konzentration, der Raum ist gegliedert mit versetzten Arbeitsplätzen, die Tür offen und Lernbegleiterin Claudia Colas hilft bei Fragen weiter. Die Atmosphäre in dieser Schule ist anders als man es kennt. Die Bezeichnung „Lernbegleiter“weist auf einen wichtigen Unterschied zu anderen Schulkonzepten hin: Es gibt kaum Frontalunterricht, dem alle Schüler gleichzeitig folgen müssen. Stattdessen hat jedes Kind einen eigenen „Fahrplan“, mit dem es sich den Stoff in Wort und Zahl erarbeitet. Bei Schwierigkeiten steht der Lernbegleiter (Lehrer) zur Verfügung.
Dieses individualisierte Lernen soll den Schülern entsprechend ihres Tempos und ihrer Fähigkeiten mehr Entwicklungsraum lassen. Dazu gibt es ein Rückmeldesystem, welche Stufe der verschiedenen Lernniveaus erreicht wurden. „Noten sagen nur: Wo stehe ich im Vergleich zu anderen?“, betont Rektor Eugen Weber. „Lernnachweise sagen mir, auf welchem Niveau ich etwas gut kann.“Diese „Prüfungen“für den Lernnachweis absolvieren die Schüler zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Jedes Kind wird die Inhalte (nach Vorgaben des Bildungsplans) lernen, das ist sicher, aber es gibt keine Klassenarbeiten mit identischen Aufgaben für alle am gleichen Tag.
Umdenken ist wichtig
Diese andere Arbeit mit Schülern ist sicherlich eine Herausforderung für das pädagogische Team, das seit Schuljahr 2014/2015 die Gemeinschaftsschule Manzenberg trägt. Hier gilt ein Selbstverständnis und eine Sichtweise, die sich zusammenfassen lasse mit: „In der Mitte das Kind.“Aber auch bei Eltern und Kindern ist ein Umdenken gefragt. Wem fällt selbstständiges Arbeiten leicht, kann man sofort mit anderen arbeiten und sich gut konzentrieren? Lernen muss man lernen – auch in der Gruppe. „Hier können wir besser auf hilfsbedürftige Kinder eingehen“, meint Claudia Colas. Und Familien sind nicht mehr die Nachhilfeeinrichtung der Schule. Zudem beobachtet sie die sozialen Auswirkungen dieses Schulkonzeptes. Überflieger und Lernschwäche können beste Freunde sein, selbst wenn ihr Leistungsstand unterschiedlich ist und sie normalerweise ins Gymnasium und in eine Hauptschule gehen würden.
Die Raumsituation ist auch in der Gemeinschaftsschule angespannt. Selbst, wenn es rechnerisch am Manzenberg eine Überversorgung gibt, braucht eine Schule mit kleinen Arbeitsgruppen und Ganztagesangebot kleinere Raum-Einheiten. Da sind Lösungen im Gespräch mit den Nachbarschulen sicher zu finden, hoffen die Tettnanger Grünen.