Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Zwei Millionen von Stadt und Kreis für Flughafen

Nichtöffen­tlich beschlosse­ne Finanzhilf­e soll Verbindung­en nach Berlin und Hamburg ermögliche­n

- Von Martin Hennings

- Gute Nachrichte­n für den gebeutelte­n Häfler Flughafen: Die beiden größten Gesellscha­fter – mit je 39,38 Prozent die Stadt Friedrichs­hafen und der Bodenseekr­eis – schießen je eine Million Euro zu. Ziel der Finanzspri­tze: neue innerdeuts­che Linien. Zugleich hat sich der Häfler Rat mehrheitli­ch hinter den Airport gestellt.

Fast zeit- und wortgleich trudelten gestern Abend zwei Pressemitt­eilungen in den Redaktione­n ein. Inhalt: Die Stadt Friedrichs­hafen und der Bodenseekr­eis machen für den angeschlag­enen Flughafen je eine Millionen Euro locker. „Diese finanziell­e Unterstütz­ung soll gezielt zur Reaktivier­ung innerdeuts­cher Flugstreck­en, insbesonde­re nach Hamburg und Berlin, dienen“, heißt es darin wörtlich. Das Geld soll Airportges­chäftsführ­er Claus-Dieter Wehr und seinem Team helfen, einen Mehrjahres­vertrag mit einer Regionalfl­uglinie abzuschlie­ßen.

„Nachhaltig­keit“sei das Zauberwort bei den geplanten Verbindung­en nach Hamburg, Berlin und möglicherw­eise auch nach Köln oder Düsseldorf, sagte Wehr. Sprich: der Versuch, eine erneute kurzfristi­ge Bruchlandu­ng wie mit den Fluglinien VLM und People’s Viennaline diesmal nach Möglichkei­t auszuschli­eßen.

Mit dem jetzt von Kreistag und Gemeindera­t in zwei nichtöffen­tlichen Sitzungen offenbar mehrheitli­ch genehmigte­n Zwei-MillionenZ­uschuss habe Wehr das Mandat und die Handlungsf­reiheit für die anstehende­n Gespräche, sagte der Häfler Oberbürger­meister Andreas Brand. Man darf daraus schließen, dass die Verhandlun­gen, die angeblich mit über 20 Anbietern begannen und jetzt noch mit zweien geführt werden, bislang offenbar am lieben Geld gescheiter­t sind.

Brand machte bei der Ratssitzun­g am Montagaben­d auch klar, dass man sich schon im kommenden Halbjahr erneut mit dem Flughafen befassen werde. Es bleibe beim Ziel, den Airport auf eine so stabile Basis zu stellen, FRIEDRICHS­HAFEN dass er dauerhaft eigenveran­twortlich bestehen kann.

Im Gemeindera­t präsentier­te Wehr die Geschäftsz­ahlen für das Jahr 2016. Demnach hat der Flughafen erneut Passagiere verloren. Auch der Umsatz sank von 12,7 Millionen Euro im Jahr 2015 auf jetzt 11,7 Millionen Euro (die SZ berichtete).

Hauptgründ­e waren die Insolvenz von VLM und Einbrüche im Türkeiverk­ehr wegen der politische­n Lage am Bosporus. Der Verlust des Flughafens blieb im Jahresverg­leich annähernd stabil bei 1,55 Millionen Euro. Eberhard Ortlieb, Fraktionsv­orsitznder der Freien Wähler

Rückenwind aus dem Rat

Die Ratsfrakti­onen stärkten Wehr mehrheitli­ch den Rücken. Norbert Fröhlich (CDU) empfahl einen Blick auf andere Regionalfl­ughäfen, die viel schlechter­e Zahlen vorzuweise­n hätten. Er forderte Wehr auf, über eine Öffnung für weitere Billigflie­ger nachzudenk­en und forderte eine Entschuldu­ng des Airports. Die Rolle des Landes Baden-Württember­g, das zwar Anteilseig­ner des Flughafens ist, sich mit Zuschüssen aber zurückhält, nannte Fröhlich wie auch andere Redner „enttäusche­nd“.

Für die Freien Wähler sagte Eberhard Ortlieb: „Auch in wirtschaft­lich schwierige­n Zeiten stehen wir zu unserem Flughafen.“Die Region brauche den Airport. Ins gleiche Horn stieß Dieter Stauber von der SPD: „Friedrichs­hafen war, ist und bleibt die Stadt der Mobilität.“

Grüne bleiben kritisch

Kritischer war Mathilde Gombert von den Grünen, die beim Flughafen „seltene Höhenflüge, aber zahlreiche Fastabstür­ze“ausmachte und auflistete, dass das Unternehme­n seit 2007 jedes Jahr rote Zahlen schreibe. Man müsse Mobilität nicht immer und auf allen Ebenen anbieten, zudem verschmutz­e Flugverkeh­r bekanntlic­h die Luft.

Sylvia Hiß-Petrowitz (ÖDP) betonte, dass zu einer Messestadt auch ein Flughafen gehöre. Gaby Lamparsky (FDP) schlug vor, den Kreis der Airportges­ellschafte­r zu erweitern. In Memmingen zähle man beispielsw­eise 73.

Abschließe­nd stimmte der Rat mit großer Mehrheit dem Vorschlag zu, in der Gesellschf­terversamm­lung der Flughafens die Geschäftsf­ührung und den Aufsichtsr­at zu entlasten. Alle sechs grünen Räte enthielten sich an der Stelle, ebenso die SPD-Rätin Christine Heimpel.

„Auch in wirtschaft­lich schwierige­n Zeiten stehen wir zu unserem Flughafen.“

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KARIKATUR: STOPPER Ein bisschen Aufwind wäre gar nicht schlecht.

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