Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Eschersteg: Bund der Steuerzahler ist alarmiert
Stadt Ravensburg klagt nun doch gegen Bescheid des Denkmalamts auf Wiederaufbau der Stahlkonstruktion
RAVENSBURG - Rolle rückwärts in Sachen Eschersteg: Die Ravensburger Stadtverwaltung hat sich nun doch dazu entschlossen, gegen den Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen (RP) in Sachen Eschersteg zu klagen. Zum einen, um Zeit zu gewinnen für eine öffentliche Debatte im Gemeinderat. Zum anderen, „weil die Stadt mit einigen Vorwürfen der Denkmalbehörde nicht so gut leben kann“, wie Baubürgermeister Dirk Bastin der Schwäbischen Zeitung sagte. Zwischenzeitlich hat sich auch der Bund der Steuerzahler eingeschaltet, der eine mögliche Verschwendung von Steuergeldern untersucht.
Wie berichtet, hatte das Denkmalamt im RP den Antrag der Stadt, das Kulturdenkmal Eschersteg aus der Denkmalliste zu streichen, kategorisch abgelehnt und darauf gepocht, dass die Stahlkonstruktion nach der Elektrifizierung der Südbahn wieder aufgebaut wird.
Treppentürme sind vernachlässigt
Der Tonfall des Bescheids war ungewöhnlich scharf. Zwischen den Zeilen wurde der Stadt vorgeworfen, sie habe den Fußgängerüberweg über die Gleise nach dem Abbau im Jahr 2005 vergammeln lassen. Die Lagerung sei „nicht sachgerecht“gewesen, die beiden noch stehenden Treppentürme „außerordentlich vernachlässigt“worden und nun „akut sicherungsbedürftig“. Und das, obwohl der damalige Oberbürgermeister Hermann Vogler seinerzeit die Reparatur und Wiederaufstellung des Stegs innerhalb von fünf Jahren zugesagt hatte – Vogler ging jedoch 2008 in Ruhestand und konnte sein Versprechen nicht mehr selbst einlösen.
Nachdem die Stadtspitze aus dem ersten Impuls heraus vorhatte, den Bescheid widerstandslos hinzunehmen, weil laut Baubürgermeister Dirk Bastin kaum Aussicht auf Erfolg bestünde, vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen zu gewinnen, hat sie jetzt doch den Rechtsweg beschritten. „Die Vier-Wochen-Frist war zu kurz, um das Thema ordentlich für den Gemeinderat aufzubereiten“, so Bastin. Deshalb habe man „vorsorglich“Klage eingelegt, werde diese aber zurückziehen, wenn der Gemeinderat das so beschließe. Es sei lediglich darum gegangen, Zeit für eine öffentliche Debatte zu gewinnen, beteuert Bastin in Richtung RP.
Geschmerzt habe die Stadtspitze zudem der indirekte Vorwurf der Denkmalschützer, die Stadt habe den Eschersteg verlottern lassen. Baubürgermeister Dirk Bastin: „Wir haben ihn schon in einem sehr schlechten Zustand von der Deutschen Bahn übernommen.“
Mittlerweile hat sich auch der Bund der Steuerzahler (BdS) in die Affäre eingeschaltet. „Das kann ein Fall fürs Schwarzbuch werden“, sagte Pressereferent Michael Weiß vom baden-württembergischen Landesverband des BdS der Schwäbischen Zeitung.
Im Schwarzbuch werden jedes Jahr besonders krasse öffentliche Geldverschwendungen gebrandmarkt. Hintergrund für die Recherche des BdS sind die enormen Summen, die Sanierung und Wiederaufbau des Stegs kosten würden. Die Rede ist von zwei bis zweieinhalb Millionen Euro.
Deshalb schickte der BdS Fragenkataloge ans RP und an die Stadtverwaltung. Von den Denkmalschützern will der Verein wissen, was den Eschersteg überhaupt so schützenswert macht und welche Gründe die Behörde dazu veranlasst haben, auf dem Wiederaufbau zu bestehen. Dann fragt der BdS noch danach, wie sich die Elektrifizierung der Südbahn auf den Wiederaufbau auswirkt und welche baulichen Veränderungen überhaupt zulässig wären, um den Denkmalcharakter nicht zu gefährden. Aber auch die Stadt Ravensburg muss sich peinliche Fragen gefallen lassen. Unter anderem, wie sie die „unsachgemäße Lagerung“im ersten Jahrzehnt nach dem Abbau begründet. Und ob es den Tatsachen entspricht, dass seinerzeit der Wiederaufbau zugesagt wurde.