Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Die Milliarden gut investiert
England feiert seine Big Five in der Champions League – Katerstimmung in der Bundesliga
LONDON (SID/dpa/falx) - Der Ausgang war bereits vorher absehbar. Und doch wurde am letzten Vorrundenspieltag der Champions League das ganze verheerende Ausmaß sichtbar – die Bundesliga ist international beinahe komplett abgeschmiert. Nur der FC Bayern München hegt noch Hoffnung auf den Champions-League-Titel. RB Leipzig hat sich trotz des 1:2 gegen Besiktas zumindest achtbar aus der Königsklasse verabschiedet, doch Borussia Dortmund kann noch froh sein, dass es nach dem 2:3 (1:2) bei Real Madrid noch für die Europa League langt. „Es ist ein Geschenk, die Europa League mit zwei Punkten erreicht zu haben“, sagte Mittelfeldakteur Nuri Sahin. Eine ähnlich schlechte deutsche Mannschaft in der Königsklasse hat es nur 2002/03 gegeben, als der FC Bayern mit zwei Punkten ausschied. Lange her. Die Bayern haben beim 3:1 gegen Paris Saint-Germain bewiesen, dass sie an guten Tagen jeden schlagen können. Doch der nationalen Konkurrenz scheint international mehr und mehr die Puste auszugehen, in der Europa League waren Hoffenheim und Hertha BSC ja schon vor dem letzten Vorrundenspiel ausgeschieden.
Am anderen Ende der Skala scheinen dagegen die Engländer wieder angekommen zu sein, die ihr ganz spezielles High Five feiern können. Sechzehn Mannschaften kämpfen in der Champions League noch um Europas Krone – und nachdem Jürgen Klopp mit dem FC Liverpool durch ein 7:0-Feuerwerk gegen Spartak Moskau als letzter Vertreter von der Insel das Achtelfinale der Champions League erreicht hatte, stellen die Engländer fünf Vereine in der K.o.Runde. Beinahe ein Drittel (!) der besten 16 Teams kommt aus der Premier League.
Vor den Reds hatten bereits Manchester City mit dem früheren Bayern-Coach Pep Guardiola, Rekordchampion Manchester United, Meister FC Chelsea und Tottenham Hotspur das Ticket für die K.o.-Runde gelöst. „Das spricht für die Klasse der Liga. Die englischen Top-Clubs haben eine enorme Qualität und können noch weit kommen. Ich bin gespannt, wo das hinführt“, sagte Klopp nach der Gala seiner Mannschaft. Guardiola gab aber zu bedenken: „Es kann sein, dass du heute gut bist und im Februar ein Desaster erlebst – oder umgekehrt.“
In den letzten Jahren war für englische Mannschaften tatsächlich immer recht früh in der K.o-Phase Schluss. Doch scheinen sich die Teams stabilisiert zu haben. Verantwortlich dafür sind neben der Finanzspritze in Form von Milliarden vom TV auch und vor allem clevere strukturelle Entscheidungen. Mittlerweile arbeiten die besten Trainer der Welt in England, sie haben den Clubs von der Insel taktische Vielfältigkeit beigebracht.
Bayern droht Kracher gegen Barça
Im Achtelfinale kann der Siegeszug durchaus weitergehen, da noch keine Teams aus dem selben Land aufeinandertreffen können.
Und auch die bisherige Bilanz liest sich beeindruckend: Die fünf englischen Teams gewannen 21 ihrer 30 Spiele, verloren lediglich drei. Allein der BVB kommt schon auf vier Niederlagen. Allgemein wurden von den 20 Champions-League-Spielen – inklusive Qualifikation – mit deutscher Beteiligung nur sieben gewonnen. Zehnmal verließen die deutschen Spieler den Rasen mit gesenkten Köpfen. Das entspräche, hochgerechnet auf eine nationale Liga, der Bilanz eines Abstiegskandidaten.
Und es wird nicht besser. Wenn der FC Bayern München Losglück hat, trifft er in der nächsten Runde auf den AS Rom oder Besiktas Istanbul. Mit etwas Pech droht eine Kracherpartie gegen Barcelona oder die beiden Spitzenclubs aus Manchester. Schon Tottenham oder Liverpool wären unangenehm. Zumindest die Chance auf eine Revanche der Bundesliga wäre dann gegeben.