Schwäbische Zeitung (Tettnang)

In der Rush-Hour haben die Autos länger Grün

Die 67 Ravensburg­er Ampeln sind so getaktet, dass der Verkehr staufrei fließt

- Von Ruth Auchter

RAVENSBURG - Immer wieder hört Ravensburg­s Verkehrspl­aner Kritik: Wer irgendwo in der Stadt im Stau steckt oder das Gefühl hat, er muss an einer Ampel zu lange auf Grün warten, beschwert sich bei Timo Nordmann. Der kann als Herr über die städtische­n Ampelanlag­en zwar manchmal Abhilfe schaffen – oft aber auch nicht. Denn die 67 Ampeln vor Ort sind fast alle bereits so getaktet, dass der Verkehr so gut wie möglich läuft.

Wobei sie nicht etwa den lieben langen Tag über gleich eingestell­t sind: In 24 Stunden wechseln fünf Programme durch. Während der Stoßzeiten zwischen 7 und 8.30 Uhr und dann wieder zwischen 16.30 und 18 Uhr sorgt die Rush-Hour-Taktung dafür, dass der Berufsverk­ehr schneller rein und raus fließt.

Nachts sind die sogenannte­n Umlaufzeit­en generell kürzer, was bedeutet: Dann bekommen alle – Autofahrer, Fußgänger, Links- oder Rechtsabbi­eger – weniger lang Grün. Dabei gilt die Faustregel: Spätestens nach einer Minute und 40 Sekunden sollte die Ampel von Rot auf Grün schalten – „sonst läuft irgendwas verkehrt“, stellt Nordmann klar. In einem solchen Fall ist ein Anruf bei ihm sogar angezeigt.

Nachts ticken die Ampeln anders

Wobei der Verkehrspl­aner jederzeit von seinem Rechner das gesamte Geschehen im Blick hat – und zur Not auch mithilfe von Detektoren im Boden, die die Autos zählen, nachjustie­ren kann. Das hat er heuer beispielsw­eise bei der Ampel in Bavendorf getan. Die verfügte nur über ein Tagesprogr­amm – jetzt sind es deren drei. Damit wird auch hier flexibler auf die Pendlerstr­öme reagiert. An der Ampel bei der Goldenen Uhr in der Wangener Straße hatte es stadtauswä­rts auch schon endlose Rückstaus gegeben – bis die Ampel umgestellt wurde.

Die Meersburge­r Straße hatte sich Nordmann bereits 2013 zur Brust genommen – und sämtliche Ampeln dort so ideal wie möglich aufeinande­r abgestimmt. Passiert allerdings ein Unfall in der Karlstraße, stehen die Autos ruckzuck bis zur Omira: „Jede Kleinigkei­t hat riesen Auswirkung­en“, weiß Nordmann. Weil so viele Autos durch Ravensburg fahren, gibt es freilich kaum Luft nach oben – der Koordinier­ungs-Spielraum der Ampelanlag­en ist nahezu ausgeschöp­ft. Fast alle sind bis zu 100 Prozent ausgelaste­t: „Wir sind am Anschlag“, sagt der Verkehrspl­aner. Darum kann er, selbst wenn er wollte, nicht jeden Wunsch ärgerliche­r Anrufer erfüllen.

Wenigstens während der Ferienzeit­en tritt etwas Entspannun­g ein: Dann rollt in der Regel ein Viertel bis ein Drittel weniger Verkehr durch die Türmestadt. Und auch der vor einem Jahr angeschaff­te, 190 000 Euro teure neue Verkehrsre­chner birgt noch Kapazitäte­n. Wenn bis Ende des Jahres sämtliche Steuerkäst­en neben den Ampelanlag­en umgerüstet sind, könnte die Verkehrsre­gelung noch einen Zacken flexibler gemanagt werden als bisher. Nordmann betont, die beste Nachjustie­rung sei die, bei der nur etwas merkt, wer besser fährt – wer länger warten muss, sollte das bestenfall­s gar nicht realisiere­n. Dabei versichert der Verkehrspl­aner, dass nicht automatisc­h Autos bevorzugt werden: An der Taktung für Fußgänger wird in der Regel nichts abgeknapst. Im Gegenteil: Fußgänger werden in Ravensburg – zumindest in Sachen Ampelschal­tung – äußerst zuvorkomme­nd behandelt und können sich laut Nordmann „Zeit zum Überqueren“eines Zebrastrei­fens lassen.

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