Schwäbische Zeitung (Tettnang)

„Ich lasse mich nicht unterkrieg­en“

Avril Lavigne erzählt von ihrer Krankheit und ihrer neuen Platte

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Avril Lavigne hat eine fürchterli­che Zeit hinter sich. Seit 2015 litt sie an einer lebensgefä­hrlichen Form von Hirnhauten­tzündung, zwei Jahre lag sie praktisch flach, danach kämpfte sich die Kanadierin mit den früher so kecken Hits („Complicate­d“, „Girlfriend“) mühsam wieder ins Alltagsleb­en und den Beruf zurück. Mit 34 Jahren hat Lavigne nun wohl das erste wirklich erwachsene Album ihrer Karriere gemacht. Auf „Head above Water“gibt sich sich stimmgewal­tig und inhaltlich weitaus tiefer aus bisher. Steffen Rüth rief Avril in ihrer Villa in Hollywood an.

Guten Morgen, Avril. Was bedeutet dir das neue Album?

So viel. So unglaublic­h viel. Für mich markiert es einerseits eine Wiedergebu­rt. Und anderersei­ts den Start des zweiten Teils meiner Karriere, ja meines Lebens. „Sk8er Boi“war seinerzeit der Anfang, der Song bestimmte fast 15 Jahre lang den Ton meiner Musik. Und „Head above Water“ist wirklich ein neuer Beginn für mich, in jeder Hinsicht. Ich habe viel durchgemac­ht, bin erwachsene­r geworden, und es ist einfach auch sehr viel Zeit vergangen. Und kaum jemand kann sich vorstellen, wie glücklich ich bin, jetzt wieder mit meiner Musik in der Öffentlich­keit präsent zu sein.

Du warst schwer an Lyme-Borreliose erkrankt, das ist eine hartnäckig­e Form der Hirnhauten­tzündung. Bis die Diagnose feststand, vergingen Monate, und die Genesung dauerte mehr als zwei Jahre. Was nimmst du mit aus dieser Zeit?

Ich bin glücklich und dankbar, dass ich überhaupt noch am Leben bin. Und ich bin heilfroh, dass ich meine Musik hatte, denn ich hatte oft das Gefühl, sie hat mir Leben eingehauch­t. Sobald ich wieder aufstehen konnte, schleppte ich mich an mein Klavier und schüttete mein Herz aus. Auf diesem Album ist alles drauf, was ich zu geben habe.

Den Song „Head above Water“hast du angeblich geschriebe­n, als du dachtest, du stirbst.

Ja, eines Nachts habe ich geglaubt, dass ich ersticke und förmlich ertrinke. Meine Mutter lag neben mir im Bett und hielt mich fest. Seltsamerw­eise hatte ich irgendwie meinen Frieden mit dem Tod gemacht. Ich betete zu Gott, dass er meinen Kopf über Wasser halten möge, und das war der Moment, in dem ich zum ersten Mal wieder mit dem Songschrei­ben begann. Es war, als sei ich auf eine sprudelnde Quelle gestoßen.

Ist Songschrei­ben für dich eine Form von Therapie?

Ohne Zweifel. Zu Hause am Klavier, an der Gitarre, beim Texten fühle ich mich am glücklichs­ten und auch am gesundeste­n. Und als ich endlich wieder im Studio arbeiten konnte, war das ein Mega-Meilenstei­n für mich. Meine Erfahrunge­n in Kunst umzuwandel­n, lässt sie für mich weniger schrecklic­h und furchteinf­lößend wirken. Mir war es noch so egal wie jetzt, was andere Leute über meine Songs sagen. Ich bin jedenfalls überglückl­ich, dass ich dieses Album vollendet habe, und das ist alles, was für mich zählt. Und ich hoffe, dass diese Lieder anderen Menschen Mut machen und durch schwere Zeiten helfen.

Wovon handelt die aktuelle Single „Tell Me It’s Over“?

Über eine Beziehung, die zu Ende geht, obwohl du den Typen noch richtig, richtig scharf findest und wirklich kein Interesse daran hast, dass Schluss ist.

Du warst zweimal verheirate­t – erst mit Deryck Whibley, dann mit Chad Kroeger. Steht dir momentan überhaupt der Sinn nach einer neuen Beziehung? Bist du gar mit jemandem zusammen?

Mein Liebeslebe­n soll bis auf Weiteres privat bleiben. Vielleicht erzähle ich dir eines Tages mehr darüber, aber jetzt gerade lieber nicht.

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FOTO: D. NEEDLEMAN Avril Lavigne.

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