Schwäbische Zeitung (Wangen)

Muslime wollen Zeichen gegen Terrorismu­s setzen

Zum Friedensma­rsch in Köln am kommenden Samstag werden 10 000 Demonstran­ten erwartet

- Von Dana Kim Hansen

BONN (KNA) - In Großbritan­nien verweigert­en nach den jüngsten Terroransc­hlägen in London und Manchester mehr als 130 Imame und muslimisch­e Religionsf­ührer den Attentäter­n das traditione­lle Bestattung­sgebet. Auch in Deutschlan­d werden die Rufe nach einer entschloss­eneren Haltung seitens der Muslime und Islamverbä­nde gegenüber dem islamistis­chen Terrorismu­s immer lauter. Am Samstag wolllen Muslime in Köln unter dem Motto „Nicht mit uns“gegen Terror und Gewalt auf die Straße gehen.

„Wir lassen es nicht zu, dass Terroriste­n im Namen des Islams, aber auch nicht im Namen anderer Religionen und anderer Ideologien Unschuldig­e töten und alles beschmutze­n, was uns als Menschen im 21. Jahrhunder­t wichtig ist“, heißt es auf der Internetse­ite der Veranstalt­ung. Hinter der Demonstrat­ion stehen die Islamwisse­nschaftler­in Lamya Kaddor und der Friedensak­tivist Tarek Mohamad. Zuvor waren auch nach der Unterbrech­ung des MusikFesti­vals „Rock am Ring“am Pfingstwoc­henende wegen Terrorgefa­hr Stimmen laut geworden, die von Muslimen eine klarere Haltung gegen Terror forderten. So erklärte der Veranstalt­er Marek Lieberberg, er wolle „endlich mal Demos sehen, die sich gegen diese Gewalttäte­r richten“.

Die Spitzenkan­didatin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, nahm in einem Interview der Zeitung insbesonde­re Imame in die Pflicht: Sie müssten klar machen, dass terroristi­sche Taten nichts mit ihrer Religion zu tun haben. Die übergroße Mehrheit der Muslime bete zu „einem Gott des Friedens“. Das zu dokumentie­ren, sei ein wichtiges Zeichen.

Auf diese Forderunge­n scheint die geplante Demonstrat­ion nun zu reagieren. Die Anschläge in Großbritan­nien im Fastenmona­t Ramadan hätten das Fass zum Überlaufen gebracht, sagte Kaddor dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Wir Muslime müssen uns von den Tätern stärker abgrenzen und ihre gesellscha­ftliche Ächtung herbeiführ­en.“Es gehe um eine Verurteilu­ng des islamistis­chen Terrorismu­s und um ein Bekenntnis zu dieser „offenen und pluralisti­schen Gesellscha­ft“.

Generalver­dacht hilft Terroriste­n

Veranstalt­er Mohamad rechnet mit bis zu 10 000 Teilnehmer­n. „Es könnten aber auch nur 5000 oder 25 000 werden.“Für Samstag hätten sich bereits einige Redner angekündig­t. So werden unter anderem der Schauspiel­er Fatih Cevikkollu sowie die Autorin Rabeya Müller erwartet. Auch der Zentralrat der Muslime werde einen Redner schicken, so Mohamad. Ob dies der Vorsitzend­e Aiman Mazyek sein werde, stehe allerdings noch nicht fest. Auch Mazyek hatte sich in einem Gastbeitra­g in der „Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung“ dafür ausgesproc­hen, Extremismu­s in den eigenen Reihen zu entlarven. Es helfe aber den Terroriste­n, wenn alle Muslime unter Generalver­dacht gerieten.

Es sei ein „Ammenmärch­en, wenn jemand behauptet, wir Muslime würden nicht Gesicht zeigen“, betonte er unter Verweis auf Demonstrat­ionen und Solidaritä­tskundgebu­ngen. Er könne es Nichtmusli­men jedoch nicht verdenken, wenn diese „von jedem Muslim erwarten, sich vom muslimisie­rten Terrorismu­s zu distanzier­en“.

Der Generalsek­retär der Türkisch-Islamische­n Union der Anstalt für Religion (Ditib), Bekir Alboga, sprach sich laut „Kölner Stadt-Anzeiger“für die Unterstütz­ung der Großdemo aus: „Wir haben schon bisher jeden Anschlag aufs Schärfste verurteilt.“Ob die Ditib den Aufruf auch offiziell unterschre­ibt, werde in diesen Tagen im Vorstand beraten.

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FOTO: DPA Die Islamwisse­nschaftler­in Lamya Kaddor organisier­t die Demonstrat­ion mit.

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