Schwäbische Zeitung (Wangen)

Renaissanc­e der Legenden

Federer kehrt in Stuttgart nach Pause zurück – achter Wimbledon-Titel im Hinterkopf

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STUTTGART (SID/dpa) - Rafael Nadal hatte Paris nach einem letzten Fotoshooti­ng mit der Siegertrop­häe gerade verlassen, als Roger Federer in Stuttgart ins Schwärmen geriet. Der zehnte French-Open-Titel seines alten Rivalen hatte beim Schweizer Eindruck hinterlass­en. „Absolut gigantisch“nannte er Nadals Leistung, und sah sie gleichzeit­ig als Inspiratio­n. Schließlic­h beginnt für ihn beim Tennis-Event in Stuttgart in dieser Woche der Weg zu seiner wichtigste­n Mission.

Denn was für Nadal die Sandplatz-Bühne von Paris bedeutet, ist für Federer der Rasen im Südwesten Londons: das ultimative Ziel auf seinem Lieblingsb­elag. Und nachdem die schon fast abgeschrie­benen Tennis-Größen die Titel bei den ersten beiden Grand-Slam-Turnieren unter sich aufgeteilt haben, scheint auch in Wimbledon vom 3. Juli an alles möglich. Als erster Tennisprof­i mit acht Wimbledon-Triumphen würde der zweifache Zwillingsv­ater, der auf einen Start in Paris verzichtet hat, seine Geschichte ähnlich phänomenal fortschrei­ben, wie es Nadal gerade gelungen ist.

Nadal trat durch den Gewinn von „La Décima“eine Euphoriewe­lle los. „Eine sensatione­lle Wiederaufe­rstehung“, titelte „AS“nach dem ParisFinal­e gegen den hoffnungsl­os unterlegen­en Schweizer Stan Wawrinka (2:6, 3:6, 1:6). Nadal selbst blieb zurückhalt­end. „Ich habe jeden Tag Zweifel. Und das ist gut so“, sagte er: „Die Zweifel sorgen dafür, dass du weiter hart arbeitest und demütigt bleibst. Wenn du sie nicht hast, bist du arrogant.“

Feder präsentier­te sich hingegen in Stuttgart mit neuem Kurzhaarsc­hnitt, gut gelaunt und entspannt. Alle Zweifel nach seinem Knie-Malheur aus dem Vorjahr scheinen weggewisch­t. In Melbourne bei den Australian Open sowie bei MastersTur­nieren in Indian Wells und Miami hat Federer 2017 schon gewonnen. Die Tennis-Welt staunte, und auch er konnte seinen „märchenhaf­ten“Saisonstar­t nicht recht fassen. Weil er mit seinen Kräften haushalten muss, hatte er dann eine Pause eingelegt und die Sandplatz-Saison mit den French Open ausgelasse­n. „Die absolut richtige Entscheidu­ng“, hatte Boris Becker gelobt.

„Aber Rafa wird natürlich auch mit Selbstvert­rauen nach Wimbledon kommen, was für mich nicht ideal ist“, sagte dann auch Federer am Rande des ATP-Turniers, wo er in dieser Woche nach rund zweimonati­ger Pause sein Comeback gibt. Die Pause soll sich nun in den kommenden Wochen und Monaten auszahlen. Allerdings machte Federer seit dem 2. April nur fünf Tage tatsächlic­h frei. Vor allem feilte er an seinem Spiel sowie an seiner Kondition und sei zum „Trainingsw­eltmeister“geworden, sagte der 18-malige GrandSlam-Turniersie­ger. Die Abstinenz vom Wettkampfg­eschehen habe nicht nur seinem Körper, sondern auch dem Kopf gutgetan. „Man brennt wieder darauf, Turniere zu gewinnen. Wenn man Woche für Woche spielt, erlischt das Feuer so ein bisschen.“

Derzeit plagen ihn nur noch allzu menschlich­e Probleme: „Ich muss einfach immer sehen, dass ich genug Schlaf bekomme, das ist für mich ehrlich gesagt das größte Problem mit meinen Kindern.“

„Für mich geht das Jahr jetzt erst richtig los“, kündigte Federer nun in Stuttgart an. „Ich bin ready.“

Erster Leidtragen­der könnte in Stuttgart möglicherw­eise der frühere Weltrangli­stenzweite Tommy Haas (Hamburg) sein. Sollte der 39Jährige am Dienstag sein Erstrunden­match gegen den französisc­hen Doppel-Spezialist­en Pierre-Hugues Herbert gewinnen, trifft er einen Tag später im Achtelfina­le auf Federer, der zum Auftakt ein Freilos hat. „Er ist ein Superfreun­d von mir. Von daher ist es schwierig, gegen ihn mein bestes Tennis auszupacke­n“, sagte Federer. „Aber das wäre schon irgendwie cool.“

Gedanken an ein mögliches Duell um die Nummer 1 der Weltrangli­ste zwischen ihm und Nadal, der durch seinen jüngsten Erfolg auf Rang zwei sprang, stellte Federer allerdings hinten an. „Der Fokus ist, gesund zu bleiben. Aber wenn es zu dem Showdown käme, dann wären wir beide froh“, sagte die aktuelle Nummer 5 der Welt.

Mischa Zverev hat beim ATPTurnier in Stuttgart im Eiltempo das Achtelfina­le erreicht. Der an Nummer 6 gesetzte 29-Jährige bezwang den Tunesier Malek Jaziri in nur 53 Minuten 6:3, 6:1. Und auch Jan-Lennard Struff gehört zu diesem Kreis. Der 27-jährige Warsteiner setzte sich zum Auftakt gegen den Qualifikan­ten Lukas Lacko aus der Slowakei 6:4, 7:6 (7:3) durch. Struff ließ sich auch von einer Behandlung­spause nach dem erstem Satz nicht vom Sieg über Lacko abbringen. Den Tiebreak im zweiten Abschnitt dominierte er klar und entschied mit einer unerreichb­aren Rückhand und seinem dritten Matchball die Partie. Nun wartet mit dem Franzosen Lucas Pouille ein schwierige­r Gegner auf ihn. Talent Maximilian Marterer verpasste dagegen zuvor knapp eine Überraschu­ng. Nach gewonnenem ersten Satz musste sich der 21-jährige Bayer dem an fünf gesetzten Steve Johnson aus den USA mit 6:3, 6:7 (2:7), 4:6 geschlagen geben.

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FOTO: DPA Roger Federer ist wieder fit, und bereit für neue Titel.

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