Schwäbische Zeitung (Wangen)

Schwarz-rot-goldene Burka

- Untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Hand aufs Herz, hätten Sie es gewusst: 2017 ist das Deutschkat­arische Kulturjahr. Von offizielle­r Seite heißt es dazu: „Ziel dieser Kooperatio­n ist es, die bilaterale­n Beziehunge­n zwischen den beiden Ländern (...) zu verstärken, neue Gesprächsk­anäle zu öffnen und die gegenseiti­ge Verständig­ung und Achtung zwischen Katar und Deutschlan­d zu betonen.“Verständni­s also. Raum, um über klitzeklei­ne kulturelle Unterschie­de zu diskutiere­n. Etwa warum in Katar Frauen und Männer an getrennten Bankschalt­ern anstehen; warum Frauen sich verhüllt und alle Körperform­en verdeckend in der Öffentlich­keit bewegen müssen; warum Katar isoliert wird, weil es die Terrormili­z Islamische­r Staat unterstütz­en würde, und warum ...

Wie gesagt, Kleinigkei­ten, weshalb das Kulturjahr auch unbemerkt zu Ende gegangen wäre, wäre da nicht dies passiert: Das Emirat Katar hat in seiner Diplomaten­residenz in einer Berliner Villa eine 100 Jahre alte barbusige Figur verhüllt, die die Hausfassad­e im Dachgiebel schmückt. Aus „Sittlichke­itsgründen“ist seit einigen Tagen der klassizist­ische Fries mit der Mutterfigu­r mit einem Dreieck aus einer katarische­n – und einer deutschen Fahne – verdeckt. Die deutsche Fahne dient hier gleichfall­s als Burka, weil die Villa als Veranstalt­ungsort im Kulturjahr herhält. Vor nackten Tatsachen geschützt und in Sittlichke­it vereint, lässt sich jetzt gewiss prima diskutiere­n. Kulturelle­r Austausch ist aber keine Einbahnstr­aße: Weshalb Deutschlan­d zur Fußball-WM 2022 barbusige Männer nach Katar entsenden wird, die lautstark nach Hochprozen­tigem verlangen. (dg)

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FOTOS: DPA So oder so ...
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