Schwäbische Zeitung (Wangen)

Verlorenes Badeparadi­es oder guter Uferschutz?

Am Kohlplatz ist ein Kiesstrand verschwund­en – Was Anwohner ärgert, war von Behörden gewollt

- Von Jan Peter Steppat

WANGEN - Baden und Sonnen an der Argen: Für viele Bewohner der Siedlung rund um den Kohlplatz und in Epplings war dies an einem kleinen Kiesstrand der Obere Argen nahe ihrer Wohngebiet­e ein jahrelange­s, lieb gewonnenes Freizeitve­rgnügen. Auch jetzt würden sie dort gern unter dem einen oder anderen Baum ein schattiges Plätzchen aufsuchen. Allerdings: Seit zwei Jahren ist der Kiesstrand kaum noch vorhanden. Er ist einer „intelligen­ten Flussregul­ierung“zum Opfer gefallen. Anwohner Joe Dobler findet die Idee allerdings nicht so klug. Zuständige Behörden schon. Wurde doch aus ihrer Sicht Ausspülung­en Vorschub geleistet und ein Gehweg oberhalt des Ufers gesichert.

„Wir haben dort gegrillt, kleine Feste gefeiert, gebadet oder sind bei der Sommer-Hitze einfach im kühlen Schatten gelegen“, beschreibt Dobler vergangene Zeiten, die er als „verlorenes Paradies“bezeichnet. Denn: „Dieser bisher so genutzte Kiesstreif­en wurde, ohne jegliche Rücksicht auf die Anwohner, auf eine nicht mehr nutzbare Minifläche verkleiner­t“, moniert der Kohlplatz-Anwohner.

Als Ursache nennt er, was aus seiner Sicht im Herbst 2015 geschah, eine Regulierun­g der Obere Argen in diesem Bereich, kurz nach einem 90Grad-Linksknick des Flusses: „Zirka zwei Wochen lang buddelte ein Bagger in der Argen und verteilte tonnenschw­ere Steine.“Ein Jahr später sei der Bagger wieder angerückt, habe die Steine von 2015 entfernt, auf einem Haufen gestapelt und erneut verteilt. „Das Ergebnis ist, dass eine Nutzung für die Anwohner nicht mehr gegeben ist“, kritisiert Joe Dobler und bezieht sich damit auf den Wegfall des kleinen Naherholun­gsraums durch die Baggerarbe­iten.

Und der Wangener zieht Vergleiche, etwa zum Bau von Fledermaus­brücken in Biberach oder die Tierumsied­lung im Zuge von Stuttgart 21: „Würden am Kohlplatz Tiere hausen anstelle dass hier Menschen wohnen, wäre dies sicherlich nicht umsetzbar gewesen.“

RP: Zum Schutz des Ufers Wand verstärkt und Buhnen gesetzt

Unabhängig von diesem in den Raum gestellten Vorwurf, gibt es auf Nachfrage bei mehreren Behörden allerdings eine Erklärung für die seinerzeit­igen Arbeiten: „Zum Schutz des angrenzend­en Weges und eines Biotops erfolgte die Sicherung des Außenufers („Prallufer“) und der Einbau von Buhnen (schräge Einbauten ins Gewässer hinein)“, schreibt das Regierungs­präsdium (RP) Tübingen. Dessen Landesbetr­ieb Gewässer war für die Maßnahmen zuständig, da es sich bei der Argen um einen besonders geschützte­n Fluss und ein Gewässer so genannter erster Ordnung handelt. Investiert wurden 10 000 Euro.

Zudem sei alles mit dem Landratsam­t Ravensburg und der Stadt Wangen abgestimmt gewesen. Dies bestätigen sowohl Claudia Roßmann, Sprecherin der Kreisverwa­ltung, als auch Peter Ritter, Tiefbauamt­sleiter der Stadt. Und Ritter ergänzt: Die Erweiterun­g einer bestehende­n Schutzmaue­r am gegenüber des ehemaligen Badeparadi­eses gelegenen Ufer habe den Zweck gehabt, den darüber gelegenen Gehweg zu sichern. „Es gab immer wieder Ausspülung­en“, sagt Ritter – und vor Ort sind deren Folgen auch heute noch erkennbar. Die waren so stark, dass es der betreffend­e Geheweg zwischenze­itlich auch mal weggespült war. Und: „Wir haben den Antrag auf Schutz des Weges gestellt.“

Wie der Kiessstran­d verschwand, bleibt eine ungeklärte Sache

Während im Grundsatz also beide Seiten – Joe Dobler auf der einen, die Behörden auf der anderen – darin übereinsti­mmen, dass es derlei Arbeiten wegen des Uferschutz­es gab, gehen die Darstellun­gen in einem Punkt klar auseinande­r: Der Anwohner erklärt, der Bagger habe den Kiesstrand beseitigt. Stadt und RP sagen: Die in die Argen eingebaute­n Buhnen hätten den Lauf des Wassers verändert. Und zwar so, dass der Strand schlichtwe­g weggespült worden sei. Auch die Sprecherin des Landratsam­ts erklärt: Der Kies selbst sei maximal zu fünf Prozent durch Eingriffe verschwund­en.

Mit diesen Sichtweise­n konfrontie­rt, bleibt Joe Dobler bei der Darstellun­g seiner Beobachtun­gen: „Das ist nicht nachvollzi­ehbar“, sagt er zu den Behörden-Äußerungen. Denn: „Als der Bagger weg war, war auch der Kies weg.“Und zwar bis auf das Wenige, was auch heute noch vorhanden, für die örtliche Naherholun­g aber nicht mehr nutzbar sei.

Was den Kohlplatz-Anwohner ärgert, sieht die Stadt indes positiv – und zwar auf Grund der Annahme, dass der Kies weggespült worden sei: „Im Endeffekt freut es mich, weil ich weiß, dass die Buhnen auch funktionie­ren“, so Tiefbauamt­sleiter Ritter. Denn die auf diese Weise hervorgeru­fene Veränderun­g des Gewässerla­ufs sei damals gewollt gewesen. Eben, um den Gehweg zu schützen. Oder, um es aus Sicht Joe Doblers zu beschreibe­n: mit der Folge, dass es jetzt keine Badestelle mehr gibt.

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FOTOS: DOBLER (2)/STEPPAT (2) Die Geschichte des Uferschutz­es oder des verlorenen Badeparadi­eses in Bildern, von oben nach unten: Einst waren gemütliche Grillrunde­n an der Obere Argen beim Kohlplatz möglich. Nach den Eingriffen von 2015 war der Kies und damit der Badestrand nicht...
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