Schwäbische Zeitung (Wangen)

Neue Befugnisse für Polizisten

Grüne stimmen Anti-Terror-Paket mit Abstrichen zu – CDU fordert Nachbesser­ungen

- Von Katja Korf

STUTTGART - Ein bisschen Streit haben sie noch, aber im Grundsatz steht fest: Grüne und CDU werden der Polizei im Land weitreiche­nde Befugnisse einräumen, um mögliche Terroriste­n zu entlarven. Damit wird Baden-Württember­g eines der schärfsten Polizeiges­etze Deutschlan­ds erhalten. Die CDU sieht darin aber nur einen ersten Schritt.

In ihren Sitzungen am Dienstag in Stuttgart diskutiert­en beide Regierungs­fraktionen die geplanten Änderungen. Das Innenminis­terium hatte dazu einen Gesetzesen­twurf ausgearbei­tet. Im Visier sind Terrorverd­ächtige, gegen die noch kein offizielle­s Ermittlung­sverfahren läuft. Wenn Staatsanwä­lte ein solches eröffnen, geben Bundesgese­tze die Regeln für die Polizei vor. Das Land darf dagegen bestimmen, was die Ermittler dürfen, bevor genügend Anhaltspun­kte für ein Verfahren vorliegen.

WhatsApp-Nachrichte­n mitlesen

Eine der wesentlich­en Änderungen: Die Behörden können künftig Kommunikat­ion via WhatsApp und andere Webdienste mitlesen. Dazu dürfen sie Software, sogenannte Trojaner, auf mobile Geräte schleusen. Dieses Vorgehen wird auch im Bund unter dem Schlagwort Quellen-Telekommun­ikationsüb­erwachung (TKÜ) diskutiert.

Außerdem dürfen Polizisten nun schon vor einem Ermittlung­sverfahren Telefonate abhören oder SMS abfangen. Diese Maßnahmen sind aber nur erlaubt, wenn Richter sie im Einzelfall genehmigen.

Außerdem bekommen Sondereins­atzkommand­os Handgranat­en, um sich den Weg zu Terroriste­n frei zu sprengen. Gefährder können Behörden künftig mit elektronis­chen Fußfesseln überwachen.

In einem Pilotversu­ch in Mannheim soll intelligen­te Videoüberw­achung getestet werden. Dabei wertet eine Software Videobilde­r öffentlich­er Plätze aus. Stellt jemand etwa einen verdächtig­en Gegenstand ab, schlägt die Software Alarm.

Weitergehe­nde Pläne von Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) lehnen die Grünen ab. Sie sind dagegen, mit einem Trojaner Computer zu durchsuche­n. Das greift ihrer Ansicht nach zu weit in den Kernbereic­h persönlich­er Daten ein. Außerdem wollen sie nicht auf die sogenannte Vorratsdat­enspeicher­ung zugreifen. Dabei müssen Telekommun­ikationsan­bieter speichern, wer wann mit wem telefonier­t hat. Die Grünen wollen erst ein Urteil des Bundesverf­assungsger­ichtes dazu abwarten – auch, weil ihre eigene Bundestags­fraktion gegen die entspreche­nde Gesetze klagt.

„Wir wollen Online-Durchsuchu­ngen und Zugriff auf Vorratsdat­enspeicher­ung und fordern deshalb ein zweites Sicherheit­spaket“, sagte Thomas Blenke, innenpolit­ischer Sprecher der CDU. Sprich: Wegen des Widerstand­s der Grünen wird zunächst ein abgespeckt­es Gesetz verabschie­det – ohne die umstritten­en Punkte. Doch das Polizeiges­etz muss ohnehin ein weiteres Mal verändert werden, um es an neue EUDatensch­utzvorgabe­n anzupassen. In diesem Zug will die CDU erneut Online-Durchsuchu­ngen einfordern.

Kabinett entscheide­t bis Ende Juli

Grünen-Fraktionsc­hef Andreas Schwarz dagegen betonte: „ Freiheit und Sicherheit müssen in einer guten Balance bleiben“. Die Grünen gehen mit ihrer Zustimmung zur QuellenTKÜ ohnehin weiter als Parteikoll­egen in Bund und Ländern. Diese kritisiere­n unter anderem einen Vorstoß zur Quellen-TKÜ von Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) heftig. „Der Gesetzentw­urf in Baden-Württember­g ist dank unserer Mitarbeit ganz anders als der schlampige Plan von Herrn de Maizière“, erklärte Innenexper­te HansUlrich Sckerl (Grüne) diese Diskrepanz. Dennoch gab es bei den Grünen drei Gegenstimm­en und drei Enthaltung­en zum Entwurf.

Bis Ende Juli soll der Ministerra­t die Änderungen absegnen. Nach der Sommerpaus­e kommt das Gesetz dann in den Landtag.

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FOTO: DPA In Mannheim startet ein Pilotproje­kt zur intelligen­ten Videoüberw­achung – nur einer von mehreren Punkten aus dem Anti-Terror-Paket der grünschwar­zen Landesregi­erung.

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