Zukunft des Pflegeheims bleibt ungewiss
Pächter kündigt zum 30. November – Achberger Räte stimmen gegen Senioren-WG-Konzept
ACHBERG - Die Ereignisse rund um das Pflegeheim in Achberg-Esseratsweiler überschlagen sich: Erst seit wenigen Wochen weiß die Gemeinde, dass das Heim unter die seit 2010 gültige Landesheimbau-Verordnung fällt. Das bedeutet: Ein Betrieb im jetzigen Zustand ist über 2019 hinaus nicht möglich.
Seit dies bekannt ist, fehlen Anmeldungen von Senioren. Das hat Pächter Kurt Hoffmann veranlasst, den Pachtvertrag zum 30. November außerordentlich zu kündigen. Zur jüngsten Sitzung des Gemeinderates hat Bürgermeister Johannes Aschauer deshalb ein neues mögliches Nutzungskonzept vorgelegt. Doch das wollen die Ratsmitglieder zunächst nicht weiter verfolgen. Sie setzen auf politischen Druck, der dem Heim in seiner jetzigen Form doch noch eine Zukunft geben soll.
Rückblick: Seit rund 100 Jahren besteht das Pflegeheim. Seit 22 Jahren hat die Gemeinde als Besitzer des Gebäudes das Heim an Kurt Hoffmann verpachtet. Er und sein Mitarbeiter-Team leisten hervorragende Arbeit, wie ihnen neben dem Bürgermeister auch mehrere Mitglieder des Gemeinderates bescheinigten. Allerdings tun sie das in einem Gebäude, das aufgrund zu kleiner Zimmer und fehlender Nasszellen nicht der LandesheimbauVerordnung von BadenWürttemberg entspricht. Nach einem möglichen Umbau wäre das Heim allerdings nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben. Nach einem möglichen Umbau ließen sich nur elf Pflegebetten unterbringen. Nur mit einem Anbau wäre die Zahl der Betten zu halten. Das würde das Projekt weiter verteuern.
Senioren-WG – ja oder nein?
In den vergangenen Wochen hat die Gemeindeverwaltung deshalb ein mögliches neues Nutzungskonzept erarbeitet, das auch Raum für Senioren gelassen hätte. Bürgermeister Aschauer stellte die Möglichkeit einer Senioren-Wohngemeinschaft vor. Sie könnte mit acht oder zwölf Bewohnern betrieben werden – und ließe darüber hinaus Platz für die Unterbringung einer zusätzlichen Kindergarten-Gruppe, die ab dem Sommer 2018 notwendig ist, um den Bedarf für die Kinder-Betreuung zu decken. Die Gemeinde könnte aus Sicht von Aschauer also gleich zwei anstehende Probleme klären. Eine SeniorenWG unterliegt zwar auch der Heimaufsicht durch das Landratsamt. Es gelten jedoch andere Regeln. Ein kompletter Umbau wäre nicht notwendig. Allerdings gäbe es Pflegepersonal hier nur entsprechend dem Bedarf der Bewohner vor Ort. Die Pflege könnte ein ambulanter Pflegedienst aus Wangen übernehmen. Entsprechende Gespräche zwischen ihm und dem Pflegedienst seien bereits sehr konstruktiv verlaufen, informierte der Bürgermeister. Das WG-Konzept hätte allerdings zur Folge, dass Senioren, die einer intensiven Pflege bedürfen, nicht mehr in dem Heim leben könnten. Daher kommen derzeit nur drei Bewohner, die im Pflegeheim leben, für das Konzept in Betracht.
Vor diesem Hintergrund plädierte Klaus Wirthwein dafür, das Heim als vollwertiges Pflegeheim weiter zu betreiben. „Das ist unsere moralische Pflicht“, stellte er fest. Notfalls müsse die Gemeinde auch Geld in die Hand nehmen. Die Zahl der pflegebedürftigen Senioren werde weiter steigen. Daher sei in Zukunft ein Bedarf an der Einrichtung in ihrer jetzigen Form gegeben.
In der anschließenden Diskussion zeigte sich schnell, dass das Modell einer Senioren-WG nicht das ist, was sich die Gemeinderatsmitglieder für Achberg wünschen. Stattdessen wollen sie an allen möglichen Stellen politischen Druck aufbauen, um eine Ausnahme-Genehmigung aufgrund der geringen Größe des Heimes zu erhalten. Klaus Wirthwein will Kontakte zur Europa-Abgeordneten Ulrike Müller nutzen, der Bürgermeister den baden-württembergischen Sozialminister Manne Lucha nach Achberg einladen. Flankiert werden soll dies durch eine Unterschriftensammlung für den Erhalt des Heimes in seiner jetzigen Form.
Gleichwohl beschlossen die Ratsmitglieder einstimmig, die außerordentliche Kündigung des Pächters zu akzeptieren. Ihm sei eine Fortführung des Vertrages nicht zuzumuten. Wer das Pflegeheim angesichts der ungewissen Zukunft ab dem 1. Dezember betreiben könnte, ist offen. Wenn sich niemand fände, „dann wird zugesperrt“, so der Schultes.