Schwäbische Zeitung (Wangen)

Umsteiger

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Es gab die Sorge, dass FrankWalte­r Steinmeier (SPD) einfach so weitermach­en würde im neuen Amt wie bisher. Aber so ist es nicht gekommen. Und er genießt es, nicht mehr Außenminis­ter zu sein, sondern Bundespräs­ident, sich mehr den großen Linien der Politik widmen zu können. Jetzt ist er 100 Tage im Amt.

Bei seiner Wahl am 12. Februar hat er gespürt, dass die Erwartunge­n an den Bundespräs­identen „unglaublic­h hoch“seien. Das hat auch zu tun mit seinem Amtsvorgän­ger Joachim Gauck, der einen guten Job gemacht hat. Steinmeier selbst wurde unlängst in einer Umfrage mit der Schulnote 2,7 bewertet. Drei plus, da ist noch Luft nach oben.

Am 19. März übernahm er das Amt. Am 22. März hielt er seine Antrittsre­de im Bundestag und nahm sich den türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan vor: „Respektier­en Sie den Rechtsstaa­t und die Freiheit von Medien und Journalist­en!“, rief er. Dass sich Steinmeier damit in die Tagespolit­ik einmischte, war ein klares Signal. Wenig später griff er den ungarische­n Ministerpr­äsidenten Viktor Orban an: Europa dürfe nicht schweigen, wenn der Zivilgesel­lschaft „die Luft zum Atmen genommen werden soll“.

Solche Einlassung­en in aktuelle Konflikte hat es seitdem nicht mehr gegeben. Diplomatis­ches Geschick bewies der langjährig­e Außenminis­ter bei seinem Besuch in Israel. Dort war es zu einem Eklat gekommen, weil sein Nachfolger im Außenamt, Sigmar Gabriel, die regierungs­kritische Organisati­on „Breaking the Silence“getroffen hatte. Steinmeier gelang es, die Wogen wieder zu glätten.

Seit Ende April ist er auf „Deutschlan­dreise“. Bislang hat fast alles geklappt, was Steinmeier sich vorgenomme­n hatte. Dass dann ausgerechn­et der Personalra­t im eigenen Amt mit seinem Rücktritt für schlechte Schlagzeil­en sorgt, hat ihn sicher geärgert. Die Mitarbeite­rvertretun­g beklagt, in Personalen­tscheidung­en nicht eingebunde­n worden zu sein. Das Präsidiala­mt ist um vieles kleiner als etwa das Auswärtige Amt. Aber etwas Besonderes ist es eben auch. Es führt kein Weg daran vorbei: Die Umstellung ist doch größer als erwartet. (dpa)

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FOTO: DPA Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier genießt sichtlich seinen neuen Job.

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