Die Seite, auf der Väter Hilfe finden
Uwe Karsten aus Friedrichshafen betreibt eine der erfolgreichsten Facebook-Gruppen Deutschlands
FRIEDRICHSHAFEN – Mütter sind verboten. „Des Vaters Seite“ist eine Facebook-Seite, auf der nur Väter sich austauschen. Sie sprechen über alle Aspekte des Vaterseins: über Ausflugsziele, Kochrezepte und Spielideen. Aber auch über ernste Themen wie Krankheiten und Scheidungen. Uwe Karsten ist der Mann, der die Gruppe betreibt. Und zwar so erfolgreich, dass Facebook Kontakt mit ihm aufgenommen hat.
Die Nachricht kam unerwartet. Karsten erinnert sich noch genau: Am Anfang habe er sie nicht ernst genommen. Eine unbekannte Frau hatte geschrieben, dass sie auf die Gruppe aufmerksam geworden sei. Wegen der hohen Aktivität. Was will die von mir? Worum geht es? Das waren die Fragen, die Karsten durch den Kopf gingen. Dann schaute er genauer hin. Das Profil der Frau erschien glaubwürdig. Es gehörte einer Kommunikationsmanagerin von Facebook. Sie lud Karsten ein, nach Hamburg zu kommen. In die Deutschlandzentrale des sozialen Netzwerkes.
Alles begann im Jahr 2011. „Im Netz gibt es viele Ratgeber für Mütter“, erzählt Karsten. Für Väter habe er keine Angebote gefunden. Daraufhin gründete er einen Blog. Auch eine entsprechende Seite auf Facebook war schnell erstellt. Hier finden Väter auch die Gruppe, in der sie sich austauschen können. Diese hat Karsten allerdings erst im vergangenen Februar hinzugefügt. „Ich saß draußen auf dem Balkon und habe lange überlegt“, sagt er. „Machst du es oder machst du es nicht?“Er entschied sich dafür. Mittlerweile gehören über 13 000 Väter der Gruppe an. Jede Woche kommen zwischen 300 und 400 dazu.
Treffen mit den Müttern
Bei Facebook in Hamburg hat Karsten viele Menschen kennengelernt. Eingeladen waren die Betreiber der 30 erfolgreichsten Gruppen in Deutschland. Darunter auch die Betreiber einer Gruppe für Mütter. „Die kannte ich schon aus dem Netz“, sagt der 46-Jährige und schmunzelt. „Es war witzig, sie in der realen Welt zu treffen.“Auf der Veranstaltung überlegten die Teilnehmer, wie sie die Bedienung der Gruppen im sozialen Netzwerk verbessern können. Karsten wünscht sich eine bessere Unterteilung: „Praktisch wäre, wenn ich Untergruppen erstellen könnte“, meint er. Dann könnten beispielsweise geschiedene Väter unter sich sein. Sie hätten oft andere Themen als Väter, die verheiratet sind.
Die Pflege der Seite kostet viel Zeit. Karsten schaltet jeden Beitrag der Gruppenmitglieder frei. Moderiert Diskussionen. Und erstellt Beiträge. Unterstützung bekommt er von 13 Vätern, die er im Netz kennengelernt hat. „Trotzdem investiere ich jede Woche ungefähr 50 Stunden“, schätzt der 46-Jährige, der für den VfB Friedrichshafen als Platzwart arbeitet. Da bleibt nicht viel Zeit übrig. „Natürlich wäre es schön, wenn wir mehr gemeinsam unternehmen könnten“, sagt Angelika Baur, Karstens Freundin. „Aber ich freue mich auch, dass ich in Hamburg dabei sein konnte. Das war ein ganz besonderes Erlebnis.“
Seine Motivation schöpft Karsten aus den Begegnungen mit anderen Vätern. Er selbst hat eine Tochter und kann sich noch gut erinnern, mit welchen Problemen er sich auseinandersetzen musste, als er sich von seiner Frau trennte. Diese Erfahrungen möchte er teilen. Und manchmal sind es schwere Schicksale, mit denen er sich beschäftigt. Einmal habe sich ein junger Vater gemeldet, dessen Lebensgefährtin bei der Geburt gestorben sei. Das Kind habe gelebt. „Das ist mir sehr nahe gegangen“, erzählt Karsten. Der junge Mann habe das schreckliche Erlebnis verarbeiten können. Es gehe ihm besser.
Auch ein anderer Fall ist Karsten in Erinnerung geblieben: Im April habe ein Vater ein Foto seiner Tochter geteilt. Das Mädchen sitzt auf dem leeren Fußboden. Es hat nichts zum Spielen.
Der Vater war nach der Trennung ausgezogen. Und die Mutter weigerte sich, Spielsachen mitzugeben. Die Gemeinschaft reagierte: Der Vater erhielt zahlreiche Pakete. Innerhalb von drei Tagen hatte das Mädchen viele neue Spielsachen. Es sind auch Geschichten wie diese, die Karsten antreiben, jeden Tag viele Stunden zu investieren. Geld verdient er dabei nicht.
„Hoch die Hände, Wochenende! Jetzt ist wieder Papazeit!“So lautet einer der vielen Sprüche, die Karsten regelmäßig auf der Seite veröffentlicht. Einige stehen mit weißer Schrift auf schwarzem Hintergrund. Andere auf Bildern, die ihm Väter zugeschickt haben. Er hat immer einen Block zur Hand, damit er neue Einfälle sofort aufschreiben kann. „Manchmal kommt der entscheidende Gedanke um 5 Uhr morgens“, meint Karsten. „Die Sprüche spiegeln wider, was mich bewegt.“Es gebe auch Tage, an denen ihm nichts einfalle. Weil ihm der Kopf rauche.
Karsten spielt mit dem Gedanken, einen Live-Chat anzubieten. Dann könnte er Fragen noch schneller beantworten. Die Umsetzung ist allerdings schwierig, lässt Karsten wissen. Für die Betreuung seien viele Ehrenamtliche erforderlich. Auch Profis würde er gerne einbeziehen. Außerdem steht der 46-Jährige mit einer Facebook-Managerin aus Hamburg in Kontakt. Sie möchte ihm zeigen, wie er mit seiner Seite Geld verdienen kann. „Es wäre schon nett, wenn etwas dabei herausspringt,“sagt er. Aber klar sei auch: „Kommerziell soll die Seite auf keinem Fall sein. Das Miteinander wird immer im Vordergrund stehen.“