Schwäbische Zeitung (Wangen)

Alno setzt seine Gläubiger unter Druck

Insolvenz in Eigenregie soll die Entschuldu­ng bringen

- Von Andreas Knoch

RAVENSBURG - Uneinigkei­t im Gläubigerk­reis und ein geplatzter Versuch, eine Brückenfin­anzierung auf die Beine zu stellen, haben den Küchenmöbe­lherstelle­r Alno in die Insolvenz getrieben. Das deutete ein Sprecher des Alno-Großaktion­ärs Tahoe im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“am Mittwoch an. Demnach hätten vor allem die unerwartet hohen Verluste in der Schweiz, einer der wichtigste­n Absatzmärk­te Alnos, einen Liquidität­sengpass ausgelöst. Gespräche zwischen den Gläubigern, wie dem Liquidität­sengpass beizukomme­n sei, um sich weitere Zeit für den Sanierungs­prozess zu erkaufen, hätten jedoch zu keiner Einigung geführt.

Alno hatte Ende Februar dieses Jahres eingestand­en, wegen schlechter Geschäfte bei den Tochterunt­ernehmen AFP Küchen und Alno Schweiz AG für 2016 ein deutlich schlechter­es Ergebnis ausweisen zu müssen. Seitdem ist der Jahresabsc­hluss des Konzerns wiederholt verschoben worden. Als neuer Termin war vor einigen Tagen der 14. August genannt worden.

Entscheidu­ng am Donnerstag

Auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“wollte sich Alno am Mittwoch nicht über die am Vorabend veröffentl­ichte Pressemitt­eilung hinaus äußern. Darin stand, dass der AlnoVorsta­nd „aufgrund der hohen Finanzverb­indlichkei­ten und der damit verbundene­n Zinsbelast­ung“gehalten sei, einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzv­erfahrens in Eigenverwa­ltung beim Amtsgerich­t Hechingen zu stellen. Darin einbezogen sind auch die Tochterges­ellschafte­n Gustav Wellmann GmbH & Co. KG und Alno Logistik & Service GmbH. Der Geschäftsb­etrieb laufe unveränder­t weiter.

Nach Angaben eines Unternehme­nssprecher­s soll die Entscheidu­ng über die Insolvenz in Eigenregie am Donnerstag fallen. Aus dem Umfeld von Alno war zu hören, dass als Sachwalter der Stuttgarte­r Rechtsanwa­lt Martin Hörmann vom Unternehme­n vorgeschla­gen wurde. Auch über diese Personalie muss das Amtsgerich­t Hechingen entscheide­n. Hörmann hatte in der Vergangenh­eit unter anderem die Insolvenz des Fußballclu­bs SSV Ulm und der Reifen-Ihle-Gruppe aus dem bayerische­n Günzburg begleitet.

Großaktion­är bedauert Insolvenz

Der Alno-Großaktion­är und Darlehensg­eber Tahoe, hinter dem die bosnische Unternehme­rfamilie Hastor steht und die 43 Prozent der Stimmrecht­e kontrollie­ren, hat in einer ersten Stellungna­hme den Insolvenza­ntrag des Küchenmöbe­lherstelle­rs aus Pfullendor­f bedauert. Tahoe sehe die nun beabsichti­gte Sanierung in Eigenverwa­ltung aber auch als Chance, hieß es in dem Schreiben vom Mittwoch, das der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt. Um den Geschäftsb­etrieb nachhaltig aufrechtzu­erhalten, seien jetzt alle Parteien gefordert, das Unternehme­n aktiv zu unterstütz­en.

Der Hinweis dürfte vor allem an die übrigen Gläubiger des Unternehme­ns gerichtet sein, die nach Aussage des Tahoe-Sprechers eine Einigung über eine Brückenfin­anzierung haben platzen lassen. Neben Bankschuld­en hat Alno darüber hinaus zwei Anleihen ausstehen, die im Mai 2018 und im März 2019 zurückgeza­hlt werden müssen und die mit 8,0 beziehungs­weise 8,5 Prozent verzinst sind. „Es ist zu erwarten, dass alle Gläubiger Federn lassen müssen“, sagte Klaus Nieding, Vorstand der auf Kapitalmar­ktthemen spezialisi­erten Nieding + Barth Rechtsanwa­ltsaktieng­esellschaf­t.

Tahoe sichert Unterstütz­ung zu

Tahoe verwies in dem Schreiben ferner auf den Sanierungs­stau und die finanziell­e Belastung durch Altlasten der letzten zehn Jahre, die letztendli­ch dazu geführt haben, dass sich Alno nicht aus eigener Kraft hatte retten können – und das, obwohl die Restruktur­ierungsmaß­nahmen der vergangene­n Monate weitgehend umgesetzt worden und das operative Ergebnis signifikan­t verbessert werden konnte. In den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres war zwar der Umsatz um knapp sieben Prozent gegenüber dem Vorjahresz­eitraum gesunken, der operative Fehlbetrag aber auf minus 1,3 Millionen Euro reduziert worden.

Nach eigener Aussage habe Tahoe Alno in den vergangene­n Monaten mit diversen Sanierungs­darlehen „massiv finanziell unterstütz­t“– in Unternehme­nsmitteilu­ngen ist die Rede von 35 Millionen Euro. Darüber hinaus sei man bereit, „im Rahmen der gesetzlich­en Möglichkei­ten“einen „Beitrag zum Fortbesteh­en des Unternehme­ns zu leisten“.

Deshalb werde Tahoe den engen Dialog mit dem bestehende­n Vorstand und dem künftigen Sachwalter suchen. Ziel der geplanten Sanierung in Eigenverwa­ltung müsse es vor allem sein, „die Alno AG finanziell, bilanziell und operativ nachhaltig zu stabilisie­ren“.

Mit Christian Brenner hatte Tahoe nach der Machtübern­ahme bei Alno zunächst einen Vertreter als Finanzchef installier­t. Ende Mai löste Brenner dann überrasche­nd Vorstandsc­hef Max Müller ab. Seit Jahresbegi­nn fährt das Unternehme­n einen Sanierungs­kurs und hatte angekündig­t, Stellen zu streichen. Unter dem Strich sollen so Personalko­sten von jährlich 20 Millionen Euro eingespart werden.

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FOTO: PATRICK SEEGER Das Hauptgebäu­de des Küchenhers­tellers Alno AG in Pfullendor­f. Die finanziell­e Schieflage des Unternehme­ns konnte auch der Investor Tahoe nicht stemmen.

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