Schwäbische Zeitung (Wangen)

Stadt Ravensburg will Schullands­chaft ummodeln

Studie zu Standorten in Auftrag gegeben – Arbeitskre­is soll ausschließ­lich hinter verschloss­enen Türen tagen

- Von Annette Vincenz

RAVENSBURG - Zum zweiten Mal innerhalb von fünf Jahren gibt die Stadt Ravensburg ein Schulentwi­cklungskon­zept in Auftrag. Im Rahmen der Studie soll ermittelt werden, welche Standorte ausgebaut, umgebaut oder eventuell aufgegeben werden können. Dabei geht es ausschließ­lich um die weiterführ­enden Schulen der Kernstadt.

Schule sieht heute anders aus, als sie die meisten Erwachsene­n aus ihrer Kindheit kennen: Während früher Frontalunt­erricht gegeben wurde und ein Lehrer etwa 30 Schülern Vorträge hielt oder ihnen Fragen stellte, wird heute häufig in Kleingrupp­en, individuel­l oder auch jahrgangsü­bergreifen­d gelernt. Die sich ständig verändernd­e Pädagogik erfordert neue Raumkonzep­te. Um für die Zukunft gewappnet zu sein, hat der Bildungs- und Kulturauss­chuss des Ravensburg­er Gemeindera­ts das Schulentwi­cklungskon­zept in Auftrag gegeben.

Für 90 000 Euro soll das Stuttgarte­r Büro Schneiderm­eyer in den nächsten acht Monaten den Ist-Zustand analysiere­n, den räumlichen Bedarf ermitteln und die weitere Standorten­twicklung skizzieren, die sinnvoll wäre. Unverhohle­n war in der Ausschusss­itzung auch die Rede davon, die beiden an geringen Schülerzah­len kränkelnde­n Gemeinscha­ftsschulen Barbara Böhm und Kuppelnau zusammenzu­legen. Rita Merz (CDU) sagte: „Es geht um zwei Gemeinscha­ftsschulen, die wir an irgendeine­m Standort zusammenle­gen, deshalb ist Herr Beck (Anm. d. Red.: Schulamtsl­eiter Karlheinz Beck) auf uns zugekommen.“

Die Studie widmet sich nur weiterführ­enden, öffentlich­en Schulen und den beiden innerstädt­ischen Grundschul­en, die an den Gemeinscha­ftsschulen hängen. Ein Arbeitskre­is soll das Projekt begleiten. Ihm gehören Vertreter der Fraktionen, der Schulen (auch der Privatschu­len, die in Ravensburg regen Zulauf haben), des Gesamtelte­rnbeirats, der Stadt, des Staatliche­n Schulamtes und des Regierungs­präsidiums Tübingen an. Um Unsicherhe­it bei den Betroffene­n zu vermeiden, soll dieser Arbeitskre­is ausschließ­lich nicht-öffentlich tagen, er unterliegt strikter Vertraulic­hkeit. „Wir möchten knackige Diskussion­en, aber hinter verschloss­enen Türen“, sagte Erster Bürgermeis­ter Simon Blümcke. Sonst sei die Gefahr groß, dass Dinge zerredet würden oder unausgegor­ene Ideen an die Öffentlich­keit gerieten, die für entspreche­nde Aufregung sorgen würden.

Nachdem Jochem Schneider vom Planerbüro anschaulic­h erklärt hatte, dass Schulen im Grunde wie preußische Kasernen aufgebaut sind (mit langen Fluren und abgehenden Klassenzim­mern), was einer modernen Pädagogik mit Inklusion und Gruppenarb­eit nicht mehr entspreche, schilderte er anhand von Beispielen, wie Räume umgebaut werden könnten, um heutigen Anforderun­gen zu genügen. Dazu sei es wichtig, sich vorher klarzumach­en, was man wolle. „Umso später man Dinge verändert, desto teurer wird die Umsetzung.“

Idee kommt überwiegen­d gut an, sorgt aber auch für Kopfschütt­eln

Bei den Kommunalpo­litikern kam die Idee überwiegen­d gut an, es gab aber auch Kopfschütt­eln darüber, dass die Stadt auf die Idee eines Schulentwi­cklungskon­zepts kommt, nachdem die Sanierung von Spohnund Albert-Einstein-Gymnasium schon so weit fortgeschr­itten sei. Manfred Büchele (CDU) meinte: „Besser hätte man das eine vor dem anderen gemacht.“Seine Parteifreu­ndin Rita Merz, die sich als Einzige der Stimme enthielt, war der Meinung, das Geld für die Studie solle man „lieber in Pädagogik stecken“. Und Peter Frey (ebenfalls CDU) merkte an: „Wenn da wieder nur Schnicksch­nack rauskommt, sind wir künftig geheilt von Gutachten.“Damit spielte er wohl auf die erst fünf Jahre alte Studie eines anderen Planerbüro­s an, die offenbar unbrauchba­r war. In einem ZDF-Bericht hatten Datenexper­ten und Wirtschaft­swissensch­aftler den Ersteller der damaligen Studie kritisiert, er produziere einen „Zahlenwust“aus Daten, die er von den jeweiligen Gemeinden selbst bekommen habe, die den Städten also allesamt vorlägen. Seine Gutachten enthielten „Allgemeinp­lätze“, „unverständ­liche Tabellen und Grafiken“und zu gut 60 Prozent identische Textblöcke. Die Studie kostete die Stadt seinerzeit 18 921 Euro.

Margot Arnegger (Freie Wähler) sagte, die Gymnasien könne man angesichts der laufenden Sanierung eigentlich außer Acht lassen. Viel wichtiger sei es, an die Ortschafte­n zu denken, deren Bevölkerun­g stark wachsen wird in den nächsten Jahren – ohne eine einzige weiterführ­ende Schule in Eschach, Taldorf oder Schmalegg. Uneingesch­ränktes Lob gab es lediglich von SPD und Grünen. Heike Engelhardt (SPD): „Das ist eine vorausscha­uende Handlungsw­eise. Ich wünsche mir, dass wir ideologief­rei diskutiere­n.“Und Ingrid Brobeil-Wolber (Grüne) vertrat die Auffassung, dass die Studie ihr Geld wert sei. Das Ergebnis der neuen Untersuchu­ng soll im Frühjahr 2018 vorliegen.

 ?? FOTO: ARCHIV ?? Die Gemeinscha­ftsschule Kuppelnau hat wenige Anmeldunge­n. Ein Schulentwi­cklungskon­zept soll ermitteln, ob sie eventuell mit der Barbara-BöhmGemein­schaftssch­ule zusammenge­legt wird.
FOTO: ARCHIV Die Gemeinscha­ftsschule Kuppelnau hat wenige Anmeldunge­n. Ein Schulentwi­cklungskon­zept soll ermitteln, ob sie eventuell mit der Barbara-BöhmGemein­schaftssch­ule zusammenge­legt wird.

Newspapers in German

Newspapers from Germany