Schwäbische Zeitung (Wangen)

„May hat ihr Land ins Abseits manövriert“

Alexander Graf Lambsdorff (FDP) über die Brexit-Verhandlun­gen

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BERLIN - Über die derzeit laufenden Brexit-Verhandlun­gen in Brüssel sprach Tobias Schmidt mit Alexander Graf Lambsdorff (FDP/Foto: dpa), dem Vizepräsid­enten des Europäisch­en Parlaments.

Der künftige Status der mehr als drei Millionen EU-Bürger im Königreich steht ganz oben auf der Agenda. Was muss die EU erreichen?

Die EU-Bürger in Großbritan­nien müssen einen dauerhaft rechtssich­eren Status erhalten. Hier dürfen keine Unklarheit­en bleiben. Wer sich in Großbritan­nien im Vertrauen auf das Niederlass­ungsrecht angesiedel­t hat, sollte diese Sicherheit auch in Zukunft haben.

Welche Druckmitte­l hat Europa?

Es gibt viele Stellschra­uben – vom Marktzugan­g bis zu den finanziell­en Verpflicht­ungen. Ich appelliere aber an die Einsicht der britischen Regierung. Die allermeist­en EU-Bürger, die in Großbritan­nien leben, arbeiten dort, zahlen Steuern und Sozialabga­ben. Es ist im ureigenen britischen Interesse, dafür zu sorgen, dass diese Menschen bleiben können.

Wie viel Marktzugan­g werden sich die Briten erhalten können?

Der Verbleib im Binnenmark­t, also die Teilnahme am freien Waren- und Dienstleis­tungsverke­hr, ist unmöglich, wenn die Niederlass­ungsfreihe­it für EU-Bürger beschränkt wird. Da die Briten dies angekündig­t haben, werden die Verhandlun­gen über den Marktzugan­g schwierig.

In der britischen Regierung werden Stimmen lauter, die anders als Theresa May einen harten Brexit verhindern wollen. Wer setzt sich durch?

Das stimmt. Frau May hat ihr Land durch die überflüssi­ge Wahl ein weiteres Mal ins politische Abseits manövriert. Jetzt sitzen ihr die Hardliner im Nacken, die den harten Bruch mit der EU wollen. Am sinnvollst­en wäre es für May, sie würde das Gespräch mit der Opposition suchen, um eine breite Mehrheit herzustell­en. Leider gibt es keine Anzeichen, dass das klappt.

Wird Deutschlan­d künftig mehr an Brüssel überweisen müssen?

Der Ausfall des britischen Netto-Beitrags muss ausgeglich­en werden. Dafür sehe ich aber nicht alleine Deutschlan­d in der Pflicht. Das muss gemeinsam mit den Franzosen, den Niederländ­ern, den Polen und allen anderen besprochen werden. Es sollte auch künftig ausreichen­d Geld zur Verfügung stehen, damit die EU ihre Aufgaben erfüllen kann.

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