Schwäbische Zeitung (Wangen)

Trumps Nerven liegen blank

US-Präsident übt wegen der Russland-Affäre scharfe Kritik an Justizmini­ster Sessions

- Von Ines Zöttl

WASHINGTON - Der US-Präsident demontiert öffentlich seinen Justizmini­ster Jeff Sessions. Trump befürchtet, dass er die Russland-Affäre einfach nicht los wird. In einem Interview mit der „New York Times“erhob er schwere Vorwürfe gegen Sessions. Fast eine Stunde nahm sich der US-Präsident für sein jüngstes Interview mit der Zeitung Zeit, und über weite Strecken war er bestens gelaunt, berichten die Journalist­en. Doch bei einem Thema hörte der Spaß für Donald Trump auf: der Russland-Affäre. Also der Frage, ob die Russen im Wahlkampf 2016 mitgemisch­t haben, um seiner Konkurrent­in Hillary Clinton zu schaden – und ob das mit Wissen und Wollen der Republikan­er geschah.

Rückzug aus Befangenhe­it

Trump möchte die lästigen Ermittlung­en loswerden und kennt dabei weder Freund noch Feind. Diesmal traf es seinen Justizmini­ster Jeff Sessions. Sessions war der erste Senator, der sich hinter den Außenseite­r Trump gestellt hatte, und wurde dafür mit dem Kabinettsp­osten belohnt. Doch im März zog er sich wegen Befangenhe­it aus den RusslandEr­mittlungen zurück – aus Trumps Sicht ein unverzeihl­icher Fehler. „Jeff Sessions nimmt den Job, tritt den Job an, erklärt sich für befangen, was ich offen gesagt für sehr unfair gegenüber dem Präsidente­n halte“, wütete Trump. Seine Meinung: „Sessions hätte sich niemals zurückzieh­en sollen, und wenn er sich zurückzieh­en wollte, hätte er mir das sagen sollen, bevor er den Job angenommen hat. Dann hätte ich jemand anderes genommen.“

Die öffentlich­e Demontage zeigt, wie sehr die Nerven des Präsidente­n bloß liegen. Immerhin ermitteln in der Affäre neben der Bundespoli­zei FBI inzwischen mehrere Kongressau­sschüsse und ein vom Justizmini­sterium eingesetzt­er Sonderermi­ttler. Auch den würde Trump am liebsten rausschmei­ßen, so wie er es mit dem früheren FBI-Chef James Comey getan hatte. Aber seine Berater haben ihm von dem Rauswurf abgeraten. Stattdesse­n warf Trump nun dem parteiüber­greifend geachteten Sonderermi­ttler Robert Mueller Interessen­skonflikte vor. Er warnte ihn dringend davor, die Ermittlung­en auf die Finanzverh­ältnisse der Familie Trump auszuweite­n. Anschuldig­ungen bekam zudem Vize-Justizmini­ster Rod Rosenstein ab, der die Aufsicht über die Russland-Untersuchu­ng führt. Trump unterstell­te ihm, er könne eigentlich kein Republikan­er sein, weil Rosenstein aus dem demokratis­ch dominierte­n Baltimore komme.

Trumps Nervosität ist nicht verwunderl­ich. Zwar haben die Ermittler bisher keine stichfeste­n Beweise für Absprachen zwischen seinem Wahlkampft­eam und Russland gefunden. Aber es kommen immer neue kompromitt­ierende Details ans Licht. So hatten sich sein Sohn Donald Trump Jr., Schwiegers­ohn Jared Kushner und der damalige Wahlkampfm­anager Paul Manafort mit einer russischen Anwältin getroffen, die ihnen belastende­s Material über Clinton versprach. Für Irritation sorgte auch, dass sich Trump jüngst beim G20-Gipfel in Hamburg zum Vieraugeng­espräch mit dem russischen Präsidente­n Wladimir Putin zurückzoge­n hat – entgegen dem Brauch zwar mit russischem, aber ohne amerikanis­chen Dolmetsche­r. Er habe mit Putin vor allem „Nettigkeit­en“ausgetausc­ht, sagte Trump der „New York Times“.

Entgegen seinem Wunsch aber bleibt die Russland-Affäre auf der Tagesordnu­ng. Am Montag soll der Schwiegers­ohn vor dem Geheimdien­stausschus­s des Senats aussagen. Am Mittwoch sind dann Sohn Trump Jr. und Manafort im Justizauss­chuss dran.

Sessions erklärte unterdesse­n, er werde nicht zurücktret­en. „Wir lieben diesen Job“, sagte er im Beisein seines Vizes Rosenstein vor der Presse. „Ich plane, das weiter zu machen, solange es angemessen ist.“

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FOTO: AFP Justizmini­ster Jeff Sessions schließt einen Rücktritt trotz scharfer Worte von US-Präsident Trump aus.

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