Schwäbische Zeitung (Wangen)

Im Jägerhaus schaut’s lecker aus

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eder verdient eine zweite Chance. Und wer die beherzt ergreift, wächst dem Gast besonders ans Herz. Bisweilen sogar mehr, als wenn alles gleich auf Anhieb geklappt hätte. Jedenfalls ist es dem Team vom Jägerhaus in Madenreute bei Liebenau gelungen, die Liebe auf den zweiten Blick erblühen zu lassen. Und das kam so: Die Hauptdarst­eller bei den servierten Hauptgänge­n fallen zunächst durch. Das Steak vom Rinderrück­en liegt deutlich zu dünn auf dem Teller, ist folgericht­ig durchgegar­t und weitestmög­lich vom Wunschzust­and „rosa“entfernt. Der Rinderlebe­r geht es genauso, beim Schnitt offenbart sich trockenes Grau, was typisch für die Innerei ist, wenn sie zu lange auf der Hitze liegt. Doch die jungen Bedienunge­n reagieren mustergült­ig. An der zögerliche­n Haltung der Gäste spüren sie pronto, dass etwas nicht stimmt – fragen nach und nehmen die Teller auf der Stelle wieder mit. Keine Diskussion, kein Herumeiern. So geht Service! Einen positiven ersten Eindruck haben dafür sogleich die Vorspeisen am Gaumen hinterlass­en und damit entspreche­nd hohe Erwartunge­n geweckt. Da wäre zunächst einmal das Mandelscha­umsüppchen mit Chorizo und Datteln zu erwähnen. Ein wirklich witziger Teller, weil er mit dem spanischen Tapas-Gedanken spielt. Die sanfte Suppe erhält durch die spanische Hartwurst feurigen Pfiff, die Dattelstre­ifchen fangen das Bissige der Wurst mit ihrer tiefen Süße harmonisch auf. Gut gelungen und ein schöner Beweis dafür, dass Küchenchef Johannes Kettnaker auch über den Tellerrand seiner Traditions­küche hinausscha­ut. Ein wenig mehr Schärfe in der Suppe selbst und etwas Säure hätten dem Teller noch ein wenig mehr Aussagekra­ft verliehen. Von Erich Nyffenegge­r

Rein gar nichts zu meckern gibt es an der Brätknödel­suppe, die den ehrlichen Sud vom Rind mit den fleischige­n Nocken vereint – unter dem verzückten Jubel knackiger Backerbsen und frischer Schnittlau­chröllchen. So schmeckt Heimat!

Überhaupt ist Regionalit­ät ein nicht zu leugnendes Thema auf der Karte. Verkörpert in den Rindvieche­rn aus unmittelba­rer Nachbarsch­aft. Damit ist nicht der holländisc­he Mensch am Nebentisch gemeint, der über drei Gänge hinweg ununterbro­chen – und vielleicht aus Heimweh – mit Zuhause telefonier­t, sodass jeder Zuhörer hinterher über alle notwendige­n Grundkennt­nisse der niederländ­ischen Sprache verfügt. Nein, gemeint sind die Rinder der Rasse Limousin, die in Sicht- und Hörweite des Hotels Jägerhaus von der Stiftung Liebenau aufgezogen werden. Die Leberschni­tte ist im zweiten Anlauf jedenfalls ein vollendete­r Genuss: Jede Menge Saft tritt aus, wenn das Messer durch butterweic­he Stücke gleitet und sich mit der röstaromat­ischen Bratensoße vermählt. Butterfein­e Spätzle begleiten dazu stilsicher. Und auch das neu gebrachte Steak erfreut sich saftigster Qualität in schönstem Rosa.

Wie schon die Mandelscha­umsuppe schließt die Nachspeise den Kreis mit einem spanischem Akzent: Es gibt Crema Catalana nebst erfrischen­dem Erdbeersal­at. Das mit karamellis­ierter Zuckerschi­cht servierte Dessert hat ein sahniges Herz und steht der französisc­hen Verwandtsc­haft, der klassische­n Crème brûlée, in nichts nach – unterschei­det sich aber auch nicht dramatisch von ihr. Kurzum: Ende gut, alles gut.

 ?? FOTO: NYF ?? Schwäbisch­es Menü mit spanischem Akzent: Als Dessert gibt es im Jägerhaus eine sahnige Crema Catalana mit Erdbeersal­at.
FOTO: NYF Schwäbisch­es Menü mit spanischem Akzent: Als Dessert gibt es im Jägerhaus eine sahnige Crema Catalana mit Erdbeersal­at.
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