„Auch der August wird wohl verregnen“
DWD-Meteorologe Gerold Weber rechnet künftig mit mehr Wetterextremen
BERLIN - Land unter in Deutschland: Innerhalb von zwei Tagen ist teilweise deutlich mehr Regen gefallen als sonst im gesamten Juli, wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) mitteilt. Wie die Prognosen aussehen und was das mit dem Klimawandel zu tun hat, erklärt Gerold Weber, Meteorologe beim DWD, im Interview mit Tobias Schmidt.
Herr Weber, fast drei Tage lang Dauerregen, Land unter in weiten Teilen Deutschlands: Wird sich die Lage weiter verschärfen?
Die Starkregenfelder ziehen Richtung Polen weiter. Der Regen hat in einigen Regionen gestern schon nachgelassen. Besonders Sachsen und der Alpen-Nordrand waren aber weiter stark betroffen. Dort erwarten wir erst heute ein Ende des Dauerregens. Wegen der massiven Niederschläge in so kurzer Zeit werden die Flüsse vielerorts noch ansteigen. Mit Überschwemmungen muss weiter gerechnet werden.
Wo bleibt die Lage besonders kritisch?
Im Hartz, im westlichen Thüringer Becken, in Teilen Niedersachsens und im Allgäu kann es noch in den nächsten Tagen zu schweren Überschwemmungen kommen. Die Flüsse können nicht überall die großen Wassermassen aufnehmen. Für die Hochwassergefahr kann noch keine Entwarnung gegeben werden.
Sind seit dem Oder-Hochwasser vor sieben Jahren die notwendigen Schutzmaßnahmen getroffen worden?
Es ist vieles unternommen worden. Aus unserer Sicht geht das alles aber sehr langsam und zäh voran. Rechtliche Probleme verhindern oft, dass die notwendigen Maßnahmen getroffen werden. Wer opfert schon gern sein Grundstück, um es für ein Überschwemmungsgebiet herzugeben. Die Entschädigungsverfahren müssten beschleunigt werden.
Der Juni war zu trocken, der Juli ist viel zu nass: Wann kehrt der Sommer zurück, wann gibt es Entwarnung auch für die Bauern?
Es wird sicher mal eine Regenpause geben. Aber eine stabile, sonnige Wetterphase ist nicht in Sicht, für keinen Teil Deutschlands. Auch der August wird wohl verregnen. Schuld daran ist die sogenannte Wettertieflage „Mitteleuropa“, die uns hartnäckig ein sehr feuchtes Klima beschert. Es ist auch nicht auszuschließen, dass es erneut zu extremen Starkregen-Phasen kommt.
Wie außergewöhnlich war der Starkregen der vergangenen Tage?
An einigen Stellen sind die Rekordwerte überschritten worden. Mehr als 24 Stunden Starkregen – das ist extrem selten und hat es in Deutschland lange nicht gegeben.
Kann man das Wetterextrem der vergangenen Tage auf den Klimawandel zurückführen?
Es wäre nicht seriös, die gegenwärtige Wetterlage, das Tief „Mitteleuropa“, auf den Klimawandel zu schieben. Solche Lagen hat es immer mal wieder gegeben, auch mit vergleichbaren Niederschlagsmengen. Mir liegen auch keine Statistiken vor, wonach solche Ausschläge in den vergangenen Jahren zugenommen hätten.
Werden sich derartige Wetterphänomene denn in der Zukunft häufen?
Darauf müssen wir uns einstellen. Es ist nahezu sicher, dass die Temperaturen in den kommenden Jahrzehnten steigen. Und wenn die Luftmasse wärmer wird, kann sie mehr Wasserdampf transportieren. Der wiederum bringt alle möglichen Wetterextreme wie Schwergewitter, Hagel und Starkregen. Wetterextreme werden sich häufen.