Viele Fragen nach dem Unglück in Mali
Technischer Defekt als mögliche Ursache des Tiger-Absturzes mit zwei toten Soldaten
BERLIN - Es sind die Toten 107 und 108 in der Geschichte der Auslandseinsätze der Bundeswehr. „Unendlich traurig“sei sie, sagte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Donnerstag zum Absturz des Kampfhubschraubers vom Typ Tiger, der am Tag zuvor zwei Opfer gefordert hatte. Nach dem Tod der beiden Bundeswehrsoldaten wird jetzt nach den Ursachen des Absturzes geforscht.
Mit Hochdruck arbeitet ein Expertenteam im westafrikanischen Mali daran, die möglichen Gründe der Katastrophe zu ermitteln. Die Auswertung der „Blackbox“, des Flugschreibers der Maschine, soll Aufschluss darüber geben, wie es zu dem tragischen Unglück kam. Der Flugbetrieb der nunmehr fünf TigerHubschrauber im Einsatzgebiet wurde zunächst ausgesetzt. Die Maschine war am Mittwochnachmittag nördlich vom Bundeswehr-Camp in Gao in Mali abgestürzt. Es sind die ersten Toten beim Einsatz im Land und in der Amtszeit von Ministerin von der Leyen.
Keinen Notruf abgesetzt
Laut UN-Vertretern war ein technischer Defekt die Ursache für das Unglück. Das Verteidigungsministerium hat dies bisher allerdings nicht bestätigt und verweist auf die laufenden Untersuchungen. Die Maschine hatte keinen Notruf abgesetzt. Hinweise auf Fremdeinwirkung wie einen Beschuss gab es nicht, bestätigte die Besatzung eines weiteren Hubschraubers, der die Maschine begleitet hatte. Alles deutet auf technisches Versagen hin.
Immer wieder hatte es in der Vergangenheit Probleme gegeben. 2013 war ein Tiger bei einem Übungsflug in Oberammergau abgestürzt. Die Besatzung hatte damals überlebt. Für den Einsatz in Mali hatte es eine Sondergenehmigung für die Maschinen geben müssen, weil diese nicht bei Temperaturen über 40 Grad Celsius starten dürfen und es im afrikanischen Einsatzgebiet mitunter höhere Temperaturen gibt. Am Tag des Absturzes sei dies allerdings nicht der Fall gewesen, hieß es.
Die Bundeswehr beteiligt sich mit knapp tausend Soldaten an der UNMission Minusma. Die Truppe soll dort gemeinsam mit mehr als 13 000 Soldaten aus verschiedenen Ländern den Friedensprozess in dem Land absichern. Mali ist Umschlagplatz für Drogen und Waffen und Hochburg des islamistischen Terrorismus. Die Mission in Mali gilt als der gefährlichste Einsatz der Bundeswehr.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte nach den Terroranschlägen von Paris der französischen Regierung „jedwede Unterstützung“zugesagt und angeboten, mit einem verstärkten Bundeswehreinsatz in Mali Paris im Kampf gegen den Terror des „Islamischen Staats“(IS) in Syrien und im Irak zu entlasten.
Gerät Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen unter Druck? Gestern stellten sich selbst LinkenPolitiker hinter die CDU-Politikerin. SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold beklagte allerdings, dass die Bundeswehr für Einsätze wie in Mali „zurzeit nicht richtig strukturiert“sei. „Das sind die Folgen der Bundeswehrreform des früheren Bundesverteidigungsministers Thomas de Maizière. Da ist mit dem Rasenmäher Personal eingespart worden“, sagte er. Das gelte auch für die Hubschrauber-Flotte und die Zahl der Piloten.
Nach der Bundeswehrreform und der Verkleinerung der Truppe gibt es nur noch 18 Piloten, die den TigerHubschrauber fliegen können. „Das rächt sich nun“, beklagte er und forderte umfassende Aufklärung. Verteidigungsministerin von der Leyen solle die Ergebnisse in einer Sondersitzung des Bundestags-Verteidigungsausschusses im September noch vor der Bundestagswahl präsentieren.